Gesetze:Neun Silben

Ein neues Gesetz diskriminiert kleine Berufsgewerkschaften. Es wurde geschickt versteckt im Qualifizierungschancengesetz.

Von detlef Esslinger

Was ist ein "Qualifizierungschancengesetz"? Wer jetzt schon aufhört zu lesen, tut der SPD unrecht und recht zugleich. Deren Arbeitsminister Hubertus Heil hat am Freitag seine nächste Reform durch den Bundestag bekommen. Sie soll Weiterbildung erleichtern und Menschen davor schützen, im digitalen Wandel abgehängt zu werden, weil ihre bisherigen Kenntnisse ihnen nur noch wenig nutzen. Mit anderen Worten: Die Sozis tun was. Nur leider haben sie ein Wort aus neun Silben und achtundzwanzig Buchstaben geschaffen, um davon zu erzählen. Es ist das nächste sozialdemokratische Erfolgsgeheimhaltungsgesetz.

Wobei Geheimhaltung zum Teil sogar Absicht ist. Denn hinten hinein hat die Koalition noch eine Neuregelung des Tarifrechts gepackt: unter welchen Umständen der Tarifvertrag einer großen Gewerkschaft denjenigen einer kleinen Gewerkschaft verdrängen darf. Mit Qualifizierung hat das so viel zu tun wie der Advent mit einem Pfingstochsen. Es musste aber schnell geregelt werden, weil eine Frist des Bundesverfassungsgerichts zum Jahresende ausläuft.

Die Regel ist nichts anderes als eine Diskriminierung von kleinen Berufsgewerkschaften; nur dass sie diesmal in jedem Paragrafen verfassungsgemäß sein soll - und man sich eine große Debatte wie vor vier Jahren ersparen will. Also wurde sie kurz vor Verabschiedung des Neun-Silben-Gesetzes noch schnell in dieses hineingepackt. Da schlummert sie nun, neben all den Qualifizierungschancen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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