"Es ist grausam. Warum trifft es uns, so oft, so spät und so grausam??", schreiben Barbara und Mario Martin auf ihrer Internetseite über den Tag, als sie zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein totes Kind im Arm hielten. Offziell wurden die Martins aber nicht dreimal, sondern nur einmal Eltern. Schuld war Paragraph 31 des Personenstandsgesetzes. Darin war festgelegt, dass Fehlgeburten ohne Lebenszeichen oder mit einem Gewicht unter 500 Gramm nicht beurkundet werden.
Das ändert sich nun: Die sogenannten "Sternenkinder" dürfen künftig einen Namen bekommen. Sie können offiziell beim Standesamt registriert und anschließend auch richtig bestattet werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung, die auch eine rückwirkende Eintragung des Kindes ermöglicht, beschloss der Bundestag am Donnerstag.
Bislang galten Totgeborene mit einem Gewicht von unter 500 Gramm als Fehlgeburten und wurden beim Standesamt nicht erfasst. Damit waren sie juristisch nicht existent. Schätzungen zufolge gibt es im Jahr etwa 1500 dieser "Sternenkinder". Das neue Gesetz geht auf eine Initiative von Barbara und Mario Martin zurück. Das Paar aus Hessen hatte drei Kinder verloren, von denen es zwei nach der bisherigen Gesetzeslage juristisch nie gegeben hat. Um diese Regelung zu ändern, sammelten die Martins etwa 40.000 Unterschriften.
Würdiger Abschied der Eltern von ihrem Kind
Die Neuregelung könne zwar den Schmerz über den Verlust eines Kindes nicht lindern, sagte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) am Freitag bei einem Treffen mit dem Ehepaar Martin in Berlin. "Aber sie ermöglicht Eltern wenigstens einen würdigen Abschied von ihrem Kind", fügte sie hinzu. Bislang hätten solche Eltern hinnehmen müssen, dass ihr totes Kind behandelt werde, als habe es nie existiert. Das jahrelange Engagement der Martins verdiene deshalb großen Respekt. "Sie wollten Paaren helfen, die Ähnliches durchleiden müssen wie sie", sagte Schröder.
"Für uns waren diese Kinder real. Sie haben verdient, als wirkliche Kinder anerkannt zu werden und einen Platz nicht nur in unserem Herzen, sondern auch in unserem Stammbuch einzunehmen", begründeten die Martins ihr Anliegen. "Ein Menschenleben darf doch nicht nach Gramm definiert werden", sagt Barbara Martin, die zusammen mit ihrem Mann einen Frisörsalon betreibt.