Gerhard Schröder im SPD-Wahlkampf:Altkanzler in Angriffslust

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Gerhard Schröder freut sich in Mettmann über die Entwicklung der SPD, degradiert die politischen Gegner und kokettiert mit seinem denkwürdigen Auftritt bei der Elefantenrunde 2005.

Dirk Graalmann

Für die positive Stimmung unter den lange so verzagt wirkenden Sozialdemokraten sorgt schon die Peter Weisheit Band, die den etwa 500 Besuchern in der Neandertalhalle von Mettmann mit so optimistischen Weisen wie "Lass die Sonne in dein Herz" gute Laune beibringt. Für die darbende SPD ist ja ein neuer Frühling ausgebrochen, seit einer Woche haben die feinfühligen Genossen gar "Rückenwind" ausgemacht. Auch Gerhard Schröder, der Bundeskanzler außer Dienst, hat wieder Gefallen gefunden. Es mache ihm "wieder Spaß, den Wahlkampf zu beobachten. Genau so will ich meine SPD sehen", donnert der 65-Jährige am Montagabend bei einem seiner wenigen Wahlkampfauftritte.

Ganze acht Veranstaltungen wird Schröder bis zum Wahltag absolviert haben - weniger als Parteisoldat, eher im Rahmen von Freundschaftsdiensten für alte Spezis. Hier in Mettmann springt er Finanzminister Peer Steinbrück in dessen Wahlkreis zur Seite. Exakt 20 Minuten lang spricht Schröder in freier Rede über die Finanzkrise, Arbeit, Bildung und Umwelt - Afghanistan lässt er aus, nachdem er die SPD jüngst mit der Forderung nach einem konkreten Abzugsdatum in die Bredouille brachte.

Es sind weniger die Sachfragen, die dem einen oder anderen Zuschauer wohlige Schauer zu bereiten scheinen als vielmehr dieser unnachahmliche Schröder-Sound, mit ausladenden Gesten und gespickt mit Attacken auf die Konkurrenz. Dabei, sagt Schröder leicht diabolisch, "muss man den politischen Gegner ja gar nicht beschimpfen. Die taugen eh nix." Es gäbe schließlich viele Beispiele, die zeigen, dass "die anderen" - egal ob FDP oder CDU - "es nicht allein können. Man darf ihnen dieses Land nicht anvertrauen."

Die Union samt Kanzlerin ist in dieser Schröder-Welt "beliebig und substanzlos", die FDP nur "die kleine gelbe Partei", die ihr jüngstes Versprechen, keine Ampelkoalition einzugehen, um der Macht willen schon brechen werde. Die Genossen um Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, lobt Schröder, seien dagegen "klar in der Sache, souverän und selbstbewusst im Auftritt". Die Welt ist sauber geteilt in Gut und Böse, die Genossen gerührt. Am Sonntag, prophezeit Schröder, werde die SPD-Spitze fröhlich sein und voller Freude ins Fernsehen gehen.

Nur ihm, dem geborenen Wahlkämpfer, könnten sie auch dann nicht das Wasser reichen. "Ich verspreche euch", sagt Schröder im Anspielung auf seinen legendären Ausbruch in der Berliner Runde nach der Wahl 2005, "sie werden es nicht hinkriegen, so eine Kultsendung zu machen, wie ich sie hingelegt habe."

© SZ vom 22.09.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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