Gambia:Der Diktator lässt nicht locker

Lesezeit: 2 min

Von Demut keine Spur mehr: Präsident Yahya Jammeh. (Foto: Carlos Garcia Rawling/Reuters)

Doppelte Volte in Gambia: Nach seinem angekündigten Rückzug hält Diktator Jammeh doch am Amt fest und erklärt die Wahl für annulliert.

Von Tobias Zick, Kapstadt

Es war die Überraschungsnachricht der Saison in Westafrika: Der Diktator des kleinen Staates Gambia, der einmal gesagt hatte, er werde mit Gottes Wille noch "eine Milliarde Jahre lang" an der Macht bleiben, räumte am 1. Dezember öffentlich seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl ein. Zuvor hatte die Wahlkommission bekannt gegeben, dass er mit 36,7 Prozent der Stimmen seinem Herausforderer Adama Barrow eindeutig unterlegen war; dieser erzielte 45,5 Prozent. Und Amtsinhaber Yahya Jammeh sprach zu seinem verblüfften Volk, er werde "niemals dieses Land ohne euren Auftrag regieren". Er werde das Amt für seinen Nachfolger räumen, diesen in der Übergangsphase unterstützen und sich auf seine Farm nahe der Grenze zu Senegal zurückziehen.

Die Wahl sei "annulliert" - was die Afrikanische Union wiederum als "null und nichtig" bezeichnet

Eine solche Reaktion hatten die allerwenigsten erwartet in einem Land, in dem Oppositionelle und kritische Journalisten inhaftiert und gefoltert werden. Doch nachdem sich die erste Irritation gelegt hatte, machte sich Ausgelassenheit breit; Menschen zogen feiernd durch die Straßen der Hauptstadt Banjul, Exil-Gambier, die in der Vergangenheit vor Repression und Armut geflohen waren, begannen ihre Rückkehr ins Heimatland zu planen. Der Wahlsieger kündigte an, politische Gefangene freizulassen. Und die Vorsitzende der siegreichen Oppositionskoalition, Fatoumata Jallow-Tambajang, kündigte an, Jammeh an einer eventuellen Flucht aus dem Land zu hindern und ihn vor Gericht zu stellen: "Wir trauen ihm nicht."

Das Misstrauen erwies sich dann recht schnell als berechtigt. Am Freitag vergangener Woche, nur acht Tage nach dem Eingeständnis seiner Niederlage, trat Jammeh vor die Kameras und hielt erneut eine Ansprache an die Bevölkerung. Es habe "inakzeptable Fehler" bei der Auszählung der Stimmen gegeben, er gebe deshalb seine "totale Zurückweisung" des Ergebnisses bekannt, die Wahl sei "in ihrer Gesamtheit annulliert" und werde wiederholt - unter einer Wahlkommission, die "unabhängig, neutral und frei von ausländischem Einfluss" sei.

Die Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini-Zuma, wies Jammehs Kehrtwende als "null und nichtig" zurück. Die US-Regierung bezeichnete sie als "inakzeptablen Vertrauensbruch" gegenüber dem gambischen Volk. Der Vorsitzende der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), Marcel de Souza, warnte vor Unruhen in dem Land und drohte Jammeh mit "drakonischen" Maßnahmen, sollte er nicht abtreten; nötigenfalls sei auch eine Militärintervention "denkbar". Es sei durch nichts zu rechtfertigen, "den Wunsch des Volkes zu verletzen". Am Dienstag flogen die Präsidenten von Nigeria, Ghana, Liberia und Sierra Leone in Banjul ein, um auf Jammeh einzuwirken.

Doch Gambias Diktator gab sich unbeirrt. Am Dienstag reichte seine Partei, die "Allianz für patriotische Re-Orientierung und Aufbau", beim Verfassungsgericht eine Petition gegen das Wahlergebnis ein. Und noch am selben Tag besetzten Soldaten die Zentrale der nationalen Wahlkommission. Deren Vorsitzender, Alieu Momar Njie, sagte später, "das Militär ist in mein Büro gekommen, und sie haben gesagt, ich solle nichts anfassen und gehen". Er sei, fügte er hinzu, besorgt um seine Sicherheit.

Beobachtern zufolge hängt die weitere Entwicklung entscheidend davon ab, wie sich Gambias Armee positioniert. Nach der Bekanntgabe von Jammehs Niederlage hatte es zunächst Anzeichen dafür gegeben, dass sich entscheidende Teile des Militärs vom bisherigen Herrscher abwenden würden. Doch inzwischen sieht es weniger deutlich danach aus. Der Generalstabschef Ousman Badjie, der noch vergangene Woche dem Wahlsieger Adama Barrow seine Unterstützung versichert hatte, sagte am Dienstag der britischen Zeitung The Guardian, er werde von der "derzeitigen Regierung" bezahlt, und dies sei nun einmal "Yahya Jammehs Regierung". Seine Aufgabe sei es, "sicherzustellen, dass dieses Land friedlich und sicher ist", dabei unterstütze er grundsätzlich den "Oberbefehlshaber der islamischen Republik Gambia" - und er habe "nur einen einzigen Oberbefehlshaber".

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: