Gaggenau:So begründet der Bürgermeister von Gaggenau die Absage

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  • Gaggenaus Bürgermeister Pfeiffer äußert sich ausführlich zu den Gründen, warum die Stadt den Auftritt des türkischen Justizministers Bozdağ absagte.
  • Er hätte die Veranstaltung demnach für zu gefährlich gehalten, politischen Druck habe es nicht gegeben.

Der Bürgermeister des badischen Gaggenau hat sich in einem dpa-Interview ausführlich dazu geäußert, warum seine Stadt den Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdağ in der örtlichen Halle abgesagt hat. Demnach hat Michael Pfeiffer diesen Schritt erst am Mittwochabend in Erwägung gezogen. Zunächst sei nur eine Vereinsversammlung mit etwa 400 Besuchern angemeldet gewesen. Als aber klar geworden sei, "um was es tatsächlich geht und welche Wellen diese Veranstaltung schlägt, haben sich die politischen Fraktionen im Gaggenauer Gemeinderat besprochen und mögliche Schritte diskutiert."

Man habe außerdem mit der Polizei geredet, um sich ein Bild von der Sicherheitslage zu machen. Dann habe sich die Stadt entschieden, die Genehmigung für die Veranstaltung zu widerrufen. Er gehe davon aus, dass es "in und um die Halle herum aufgrund der vielen Menschen zu gefährlich" hätte werden können, sagte Pfeiffer, der aber betonte: "Es gab keinen politischen Druck."

Um einen falschen Eindruck bei den in Gaggenau lebenden Bürgern mit türkischem Pass zu vermeiden, setze die Stadt jetzt auf Transparenz, sagte Pfeiffer. Geplant ist demnach ein Treffen mit Mitgliedern des Moscheevereins Ditib, um die Gründe für die Absage noch einmal klar zu machen. "Es war keine politische Entscheidung, sondern eine Entscheidung der Vernunft", sagte Pfeifer.

Auftritte lassen sich auch diplomatisch unterbinden

Unliebsame Auftritte und Veranstaltungen zu verbieten, wäre ohnehin nicht einfach. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird von deutschen Gerichten sehr hoch gehalten. Ein möglicher Weg, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker zu unterbinden, wäre ein polizeiliches Verbot aufgrund von Sicherheitsbedenken - falls etwa zu befürchten ist, dass es infolge des Auftritts zu Ausschreitungen kommen könnte. Ein Argument, das zum Beispiel auch bei Neonazi-Treffen herangezogen wird.

Grundsätzlich ließen sich solche Auftritte aber auch diplomatisch unterbinden. Ein inzwischen erprobter Trick türkischer Politiker lautet: Man kommt "als Privatmann". So muss das Besuchsprogramm nicht vom Gaststaat gebilligt werden. Die Bundesregierung hat diesen Trick bislang zwar großzügig akzeptiert - aber das heißt nicht, dass sie ihn auch weiter akzeptieren müsste. Fremde Politiker können nicht einfach die politisch-protokollarische Hoheit des Gastgebers unterlaufen, wenn dieser es nicht will. Das hat 2012 sogar der Europäische Gerichtshof klargestellt.

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