Steinmeier warnt vor "Zerfall von Staaten"
Ukraine, Iran, Syrien, Jemen - auch für das Treffen in Lübeck gibt es wieder viele Krisen, um die sich die Sorgen und Gespräche der G-7-Außenminister drehen werden. Doch neben den üblichen Themen soll sich die Runde auch eines anderen besonderen Problems annehmen: dem Klimawandel und seinen Folgen für Sicherheit und Frieden auf der Welt.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier betonte schon vor Beginn des Treffens, die Erderwärmung und ihre Folgen stellten eine immer größere Herausforderung für Frieden und Stabilität dar. "Sinkende Einkommensmöglichkeiten, unbewohnbare Rückzugsräume und Fragen des Ressourcenzugangs können zu zwischenstaatlichen Spannungen, zum Zerfall von Staaten und Gesellschaften führen", warnte Steinmeier.
Grundlage der neuen Initiative bildet eine Studie, die im Auftrag der G 7 erstellt wurde und der SZ vorliegt. Die Autoren, ein Team verschiedenen Forschungseinrichtungen aus England, den USA, Belgien und Deutschland, warnen in zum Teil dramatischen Worten vor den Konsequenzen beispielsweise beim Kampf um knappe Ressourcen wie Wasser. Sie empfehlen deshalb eine G-7-Taskforce, um frühzeitig Risiken durch den Klimawandel zu identifizieren. So sollen sich die G-7-Staaten unter anderem frühzeitig der Gefahr grenzüberschreitender Streitigkeiten um den Zugang zu Wasser widmen.
Massive Verstärkereffekte in Konfliktgebieten
Konflikte in Folge der Erderwärmung bedrohen laut Studie nicht mehr nur einzelne Staaten und ihre hungernde Bevölkerung. Sie gefährden den Frieden ganz grundsätzlich. Das gilt besonders für Regionen, die heute schon durch Krisen und Konflikte geschwächt sind, Regionen in Afrika, im Nahen Osten, aber auch in Lateinamerika und Asien. Die Forscher sprechen in Gebieten, die durch ethnische Konflikte ohnehin geschwächt sind, von massiven Verstärkereffekten. Deshalb dürften die Industriestaaten die Konsequenzen nicht länger ignorieren.
Die Autoren erinnern auch daran, wie sehr inzwischen extreme Wettersituationen wie Stürme und Dürre Verheerungen anrichten und zu Flüchtlingsströmen und Gewaltausbrüchen führen können. Dabei ist noch von kleinen regional begrenzten Krisen die Rede. Aber Flüchtlingsströme sind längst zu einem Großthema auch für die Industriestaaten geworden.
Die Studie verweist zudem auch auf die Folgen der Folgen, wenn zum Beispiel durch eine Dürre die Brotpreise in die Höhe schnellen. Überall, so heißt es, lauern Verstärkereffekte.
Hoffen auf UN-Klimakonferenz in Paris
Berlin hat das Thema nicht nur aus eigenem Interesse in Lübeck in den Fokus gerückt. Im Dezember wird in Paris die nächste große Klimakonferenz der Vereinten Nationen stattfinden. Dort soll nach Jahren mangelnder Fortschritte endlich ein Durchbruch erzielt werden und ein neuer globaler Vertrag zum Schutz des Klimas beschlossen werden. Die neue Studie bestätigt Befürchtungen, die zuvor schon von Organisationen wie der UN, dem Weltklimarat IPCC und der Europäischen Kommission geäußert wurden. Die Autoren wollen jedoch nicht nur auf die möglichen Folgen des Klimawandels hinweisen. Sie geben auch Empfehlungen, was gemacht werden müsste. So seien dringend Programme notwendig, um bedrohten Ländern zu helfen, sich auf die Veränderungen einzustellen und mit den Folgen umzugehen. Mit anderen Worten: Sie haben einen dramatischen Appell formuliert, damit die G 7 auf längst bekannte Gefahren endlich reagieren. Gerade die G-7-Länder sind den Experten zufolge - allein und mit anderen Partnern - in der Lage, den Risiken des Klimawandels angemessen zu begegnen.
Die "Widerstandsfähigkeit von Staaten muss zu einem Leitmotiv der Außenpolitik werden", sagte Außenminister Steinmeier. Für diesen Ansatz sei die Kooperation innerhalb der G 7 ein richtiges Forum.