G20:Zelten mit Hindernissen

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Kapitalismuskritik im Grünen: G20-Gegner wollen campen. (Foto: Christina Sabrowsky/dpa)

Das Bundesverfassungsgericht erlaubt ein Protest-Camp im Hamburger Stadtpark - vorerst und mit Auflagen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Das geplante Protestcamp anlässlich des G-20-Gipfels in Hamburg kann nun möglicherweise doch stattfinden - allerdings an einem anderen Ort und in deutlich geringerem Umfang. Das folgt aus einer einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, das am Mittwochabend ein vom Hamburger Oberverwaltungsgericht bestätigtes Verbot aufgehoben hat. Die Hamburger Richter hatten, wie zuvor bereits die Stadt, die Aktion nicht als grundrechtlich geschützte Versammlung eingestuft.

Die Stadt hatte das Camp als Freizeitveranstaltung eingestuft - nicht als Kundgebung

Ob es allerdings nach der Intervention des Karlsruher Gerichts am Ende wirklich grünes Licht für das Camp geben wird, steht noch nicht abschließend fest. Denn die Richter haben der Stadt Hamburg lediglich aufgegeben, über Erlaubnis oder Verbot des Camps auf einer großen Festwiese im Hamburger Stadtpark "versammlungsrechtlich" zu entscheiden. Das bedeutet: Aus Sicht der Richter handelt es sich bei der Aktion, zu der 3000 Zelte aufgestellt und etwa 10 000 Menschen aus aller Welt erwartet werden, durchaus um eine politische Demonstration. Die Stadt Hamburg hatte zwar akzeptiert, dass etwa das Motto

"Antikapitalistisches Camp - Alternativen zum Kapitalismus leben und sichtbar machen" für eine Demonstration spreche. Die geplante Infrastruktur für den gigantischen Zeltplatz - Großküchen mit Essensausgabe - sei indes nicht vom Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst. Deshalb stufte die Behörde das Camp als eine Art Freizeitveranstaltung ein und untersagte es einfach deshalb, weil das Zelten in Grünanlagen nicht erlaubt sei. Die hohen Hürden, die vor einem Verbot einer Kundgebung zu beachten sind, hatte die Stadt damit gar nicht in Erwägung gezogen.

Das muss die Stadt nun nachholen. Die Verfassungsrichter haben dazu einige Vorgaben formuliert. Die Behörde habe einen "angemessenen Entscheidungsspielraum" und sei daher - möglichst in Kooperation mit dem Veranstalter - dazu berechtigt, den Umfang des Camps so zu begrenzen, dass langfristige Schäden für den Stadtpark auszuschließen seien. Karlsruhe räumt allerdings ein, dass angesichts der Pläne der Kapitalismuskritiker eine solche Schonung der Grünanlage nicht möglich sei. In diesem Fall dürfe das Camp auch an einen anderen Ort verlegt werden, der aber dem Anliegen der Gipfelgegner gerecht werden muss.

Es geht also in eine neue Entscheidungsrunde, in der die Aktion der Gipfelgegner politisch ernst genommen werden muss. Die Verfassungsrichter halten es nicht für ausgeschlossen, dass die Stadt doch noch zu Einschränkungen berechtigt sein könnte. Weil die bisherige Entscheidung allein auf das Camp-Verbot für Grünanlagen gestützt worden sei, hätten die Behörden Gefahren für die öffentliche Sicherheit nicht berücksichtigt. Über diesen Aspekt hat Karlsruhe daher nicht entschieden. "Ob und wieweit sie das Protestcamp unter diesen Gesichtspunkten weiter beschränken oder auch untersagen können, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung."

Die Hamburger Polizei will das Camp auch nach dem Urteil nicht dulden. Die bei der Polizei angesiedelte Versammlungsbehörde halte das Camp im Stadtpark unter Sicherheitsaspekten weiterhin für unvertretbar, teilte die Polizei am Mittwochabend mit.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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