Freihandel:Schönes Päckchen

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Japan und die EU wollen einen Freihandelsvertrag miteinander schließen - das ist ein starkes Signal an den Amerikaner Trump und den Chinesen Xi. Doch es bleibt noch viel zu tun, damit der Vertrag echte Vorteile bringt.

Von Stefan Kornelius

Japan ist die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt und steht damit einen Platz vor Deutschland. Das wird gerne vergessen, wenn man über Handelsblöcke und Märkte redet. Eine einzige Nation kann also bedeutend genug sein, um aus einer Handelskooperation einen Vorteil zu ziehen. Der Freihandelsvertrag zwischen Japan und der Europäischen Union kann eine Menge dieser Vorteile bringen - mehr Beschäftigung, mehr Export.

Indes: Vorzüge oder Nachteile stehen noch gar nicht zur Debatte, weil wichtige Details des Vertrags nicht geklärt sind. Premierminister Shinzō Abe und die Kommission haben eine grundsätzliche Verabredung getroffen, sie haben eine belastbare Willensbekundung abgegeben. Schiedsgerichtsbarkeit und wichtige Marktfragen, etwa für die Auto- oder die Agrarbranche, sind noch zu klären.

Japan und die EU beschließen eine Botschaft, keinen Vertrag

Aber das erscheint heute nicht so wichtig, wo doch von diesem Abkommen vor allem eine politische Botschaft ausgehen soll: Seht her, wir können Freihandel, trotz Amerikas Trump und gegen Chinas Xi. Selten war ein Handelsabkommen so politisch.

Der wichtigste Grund für das europäisch-japanische Liebesfest sitzt in Washington. Trumps Ausstieg aus dem Transpazifischen Abkommen (TTP) hat die Pazifik-Region erschüttert und China ein paar Handelspartner in die Arme getrieben, die dort gar nicht landen wollten. Handel ist auch Geopolitik, und Chinas Nachbarn sind geradezu gelähmt von der Furcht vor ökonomischer Einverleibung durch Peking, von dessen militärischen Muskelspielen ganz zu schweigen. Japan demonstriert also, wie es anders gehen kann. Indien, darauf kann man wetten, wird sich beeilen.

Europas Kalkül ist nicht weniger politisch: An China geht die Botschaft, dass man auch andere Geschäftspartner findet, wenn die Handelsbeziehungen weiter so einseitig und unberechenbar bleiben. Gruß Nummer zwei geht nach Washington, wo der Pate der Protektionisten sich vielleicht irgendwann fragen wird, wer denn nun auf der Welt der Geisterfahrer ist: er oder all die anderen. Auch hier lassen sich Wetten abschließen, wann die USA den Rückgang bei Export und Investitionen spüren werden.

Bleibt die seltsame Beobachtung, dass Freihandel vor wenigen Monaten noch Zehntausende auf die Straßen gebracht hat und dass jeder TTIP-Verhandlungsparagraf mit Kenntnis und Leidenschaft öffentlich diskutiert wurde. Das fehlt plötzlich, was nicht allein der wieder mal mangelnden Transparenz geschuldet ist.

Nein, Amerika und China machen diesmal den Unterschied. Das Thema Freihandel mit den USA war beladen mit so viel Zusatzballast, dass TTIP scheitern musste. Nun verbünden sich plötzlich die vermeintlich schwachen Europäer mit den kleinen Japanern gegen die Giganten China und USA. Dank Trump weiß man inzwischen außerdem: Kein Freihandel, also Protektionismus, ist auch keine Lösung. All das macht den Vertrag mit Japan noch nicht gut. Bis jetzt besteht er nur aus einer schönen Verpackung. Das reicht aber nicht aus.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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