Frauenanteil in den Bundesministerien:Unter der Quote

Lesezeit: 2 min

Und wo bleiben die weiblichen Führungskräfte in der Politik? Während in Berlin über eine gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent in Unternehmen debattiert wird, besteht in den Ministerien selbst erheblicher Nachholbedarf. Kein einziges Ressort würde die Quote erfüllen. Schlusslicht ist ausgerechnet ein Ministerium, das von einer Frau geführt wird.

Robert Roßmann, Berlin

Dass es mit dem oft beschworenen Vormarsch qualifizierter Frauen in der Realität nicht weit her ist, hat gerade erst der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung offengelegt. Der Frauenanteil in den Spitzen der Industrie entspricht demnach immer noch den Umfragewerten der FDP: Bei Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz sind lediglich 3,5 Prozent der Top-Manager Frauen, bei den Dax-Konzernen sogar nur 3,2 Prozent.

"In der Tendenz" würden die Werte seit Jahren stagnieren, heißt es in dem Bericht. Die Datenlage zeige, dass sich bei den Spitzen-Jobs "Ungleichheiten als besonders resistent erweisen". Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird deshalb nicht müde, im Chor mit den Oppositionsparteien eine gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent zu fordern. Schließlich seien gemischte Teams erfolgreicher, Deutschland bleibe deshalb unter seinen Möglichkeiten.

Da liegt es nahe, auch einmal zu untersuchen, ob die deutschen Ministerien unter ihren Möglichkeiten bleiben. Die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn hat deshalb die Regierung um eine Aufstellung gebeten - das jetzt vorgelegte Ergebnis ist ernüchternd: Kein einziges Ministerium erfüllt die von der Wirtschaft verlangte 30 Prozent-Quote.

Die Statistik des Bundesinnenministeriums umfasst alle Führungspositionen, also Staatssekretäre, Abteilungsleiter und Unterabteilungsleiter. Am besten schneidet mit einem Frauenanteil von 29,4 Prozent das Familienministerium ab, das Arbeitsministerium folgt mit 28,6 Prozent. Damit hat Kristina Schröder ihre übermächtige Konkurrentin von der Leyen wenigstens in diesem Wettbewerb einmal schlagen können.

Am wenigsten weibliche Führungskräfte gibt es im Landwirtschaftsministerium

Die Ministerien für Umwelt, Bildung, Entwicklungshilfe, Justiz und Gesundheit kommen noch in die Nähe der 30-Prozent-Marke, alle anderen Häuser verfehlen sie um Längen. Weit unten rangieren das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium, Schlusslicht ist jedoch ausgerechnet das Agrarressort.

In dem Ministerium regieren - mit Ausnahme des Horst-Seehofer-Intermezzos - seit mehr als zehn Jahre Frauen. Doch weder die Grüne Renate Künast noch Ilse Aigner (CSU) scheinen den Anteil weiblicher Führungskräfte in dem Haus an der Wilhelmstraße deutlich verbessert zu haben. Im Agrarministerium sind nur zwei der 23 Spitzenbeamten Frauen. Bei ihnen handelt es sich auch noch um Unterabteilungsleiter - weibliche Abteilungsleiter oder Staatssekretäre gibt es überhaupt keine. Damit ist das Ministerium sogar hinter den Stand von vor zehn Jahren zurückgefallen.

Aigner findet die Statistik jedoch ungerecht. Wer ein wirklich aussagekräftiges Bild über die Entwicklung der Führungskräfte haben möchte, müsse auch die Referatsleiterinnen einbeziehen, erklärte das Agrarministerium am Dienstag. Hier gebe es im Agrarministerium einen klaren Trend - und zwar nach oben. Der Anteil der Frauen an den Referatsleitern habe sich in der letzten Dekade von 15 auf knapp 30 Prozent verdoppelt. Nehme man Staatssekretäre, Abteilungsleiter, Unterabteilungsleiter und Referatsleiter zusammen, komme man auf einen Frauenanteil von durchschnittlich 26 Prozent. Na dann.

© SZ vom 11.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: