Frankreich:Premier Valls bewirbt sich ums Präsidentenamt - und tritt zurück

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  • Manuel Valls möchte im Frühjahr bei der Präsidentschaftswahl antreten und tritt deshalb als Premierminister zurück.
  • Im Januar muss sich Valls bei der Vorwahl der Sozialisten durchsetzen. Er gilt als energischer Reformer, gilt vielen Linken aber als zu marktorientiert.
  • Wer Valls' Nachfolger wird, ist noch unklar.

Von Christian Wernicke, Paris

Frankreichs bisheriger Regierungschef Manuel Valls will die Nachfolge von François Hollande antreten und neuer Präsident werden. Valls gab seine Bewerbung für das höchste Staatsamt am Montagabend in der Pariser Vorstadt Évry bekannt: "Ja, ich bin Kandidat für die Präsidentschaft der Republik." Der Premier kündigte an, er werde an diesem Dienstag aus der Regierung ausscheiden. Hollande, der vorige Woche auf eine zweite Amtszeit verzichtet hatte, will umgehend das Kabinett umbilden. Es galt als wahrscheinlich, dass er einen bisherigen Minister zum Premier für die verbleibenden fünf Monate bis zur Wahl am 7. Mai ernennen würde.

Valls, der bisher den rechten Flügel der regierenden Sozialisten (PS) anführte, muss sich im Januar einer Vorwahl der Linken stellen. Die meisten seiner sieben Konkurrenten, darunter die Ex-Minister Arnaud Montebourg und Benoît Hamon, attackieren die Regierungspolitik als "Verrat an der Linken".

Umfragen prophezeien Valls ein Duell mit dem Ex-Wirtschaftsminister Montebourg, der sich als linker Nationalist und Kritiker von Globalisierung und EU profiliert. Montebourg warf Valls vor, er sei "der Kopf einer gescheiterten Politik" gewesen. Eine andere Aspirantin, die Senatorin Marie-Noëlle Lienemann, rief ihre sozialistischen Mitbewerber zu einem Bündnis gegen Valls auf. Valls hatte sich als Innenminister den Ruf eines "Law and Order"-Politikers erworben.

Nach seiner Berufung zum Premier im Frühjahr 2014 setzte er sich für die von Hollande angestoßenen, marktorientierten Reformen etwa zur Entlastung der Unternehmen ein. In diesem Jahr löste die von Valls vorangetriebene Reform des Arbeitsrechts Streiks und Demonstrationen aus. Die Gewerkschaften protestierten gegen eine Lockerung des Kündigungsschutzes und der 35-Stunden-Woche. Angesichts des Widerstands einer Gruppe linker Rebellen in der sozialistischen Parlamentsfraktion sah sich die Regierung gezwungen, das Gesetz per Vertrauensfrage und ohne eigene Mehrheit durch die Nationalversammlung zu drücken.

In Évry, wo er bis 2012 elf Jahre lang Bürgermeister war, rief Valls Frankreichs Linke zur Einheit auf. Er räumte ein, seine Partei vor den Kopf gestoßen zu haben: "Aber meine Kandidatur ist eine des Ausgleichs, der Versöhnung!" Die Sozialisten dürften nicht zulassen, dass der Front National in die Stichwahl um die Macht vordringe: "Die extreme Rechte steht am Tor zur Macht." Zugleich warf er François Fillon, dem Präsidentschaftsanwärter der konservativen Republikaner, vor, Frankreichs Sozialmodell zu zerstören.

Unklar blieb zunächst, wer neuer Regierungschef wird. Ursprünglich hatte Hollande wohl eine Berufung von Innenminister Bernard Cazeneuve erwogen. Vertraute warnten, den für innere Sicherheit zuständigen Minister angesichts der Terrorgefahr auszutauschen. Im Gespräch waren auch Gesundheitsministerin Marisol Touraine sowie Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem. Chancen wurden auch Finanzminister Michel Sapin und Stéphane Le Foll (Agrar) eingeräumt.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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