Frankreich:Zwei weitere Minister verlassen Macrons Kabinett

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  • Frankreichs Justizminister Bayrou und die Europaministerin de Sarnez haben ihren Rücktritt angekündigt.
  • Auch die Verteidigungsministerin des Landes ist bereits zurückgetreten.
  • Die Partei beziehungswiese frühere Partei der drei Minister kämpft mit einer Scheinbeschäftigungsaffäre.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verliert zwei weitere Minister. Nach Verteidigungsministerin Sylvie Goulard gaben am Mittwoch auch Justizminister François Bayrou und Europaministerin Marielle de Sarnez ihre Posten auf. Bayrou erklärte, er werde der neuen Regierung nicht angehören. Das berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. Gründe für seinen Rücktritt nannte er zunächst nicht. De Sarnez gibt ihren Posten nach Angaben aus Parteikreisen auf, um Fraktionschefin der Zentrumspartei MoDem in der Nationalversammlung zu werden.

Bayrou und de Sarnez waren die beiden MoDem-Vertreter in Macrons Kabinett. Die Partei wird derzeit von einer Scheinbeschäftigungsaffäre erschüttert, am Dienstag trat deswegen bereits Verteidigungsministerin Goulard zurück, die der Partei bis 2016 angehörte. Bayrou, Chef der Partei, nannte zunächst keine Einzelheiten. Er kündigte für den Nachmittag eine Pressekonferenz an. Regierungssprecher Christophe Castaner sagte, Bayrou trete aus persönlichen Gründen zurück.

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Die Machtfülle, die der neue Präsident durch die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erhält, finden die Franzosen nicht bedrohlich. Dass er sich jedoch mit Charles de Gaulle, dem Gründer der Fünften Republik vergleicht, macht viele misstrauisch.

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Die Opposition begrüßte den Schritt. Olivier Faure, bisheriger Fraktionsvorsitzender der Sozialisten in der Nationalversammlung, sagte der französischen Zeitung Le Monde zufolge, dass der Rücktritt Bayrous der "einzig mögliche Schritt" gewesen sei. Es sei unvorstellbar, dass ein Justizminister, der einen Gesetzesentwurf zur moralischen Reform der Gesellschaft vorgelegt habe, weitermache als sei nichts gewesen, während gegen ihn ermittelt werde.

Der Republikaner Laurent Wauquiez, selbst ehemaliger Minister für Hochschulen und Wissenschaft, nannte den Rücktritt der beiden MoDem-Minister "eine große Regierungskrise und einen politischen Skandal".

Goulard, die erst seit rund einem Monat im Amt war, hatte ihren Rücktritt mit den Vorwürfen einer Scheinbeschäftigung im Europaparlament gegen die MoDem begründet. Es besteht der Verdacht, dass die mit Macron verbündete Zentrumspartei Mitarbeiter von Europaabgeordneten in Wirklichkeit für Parteiaufgaben einsetzte. Die französische Justiz hat deswegen Vorermittlungen eingeleitet.

Der Name von Goulard, die für die MoDem jahrelang im Europäichen Parlament saß, war in der Affäre bislang nicht genannt worden. Gegen Bayrou und de Sarnez gab es allerdings Vorwürfe. Beide wiesen jegliches Fehlverhalten zurück.

Der sozialliberale Staatschef Macron hatte nach der Parlamentswahl vom Sonntag eine Regierungsumbildung eingeleitet, wie es in Frankreich üblich ist. Premierminister Edouard Philippe reichte am Montag seinen Rücktritt ein und wurde umgehend mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Die Regierungsumbildung fällt nun aber turbulenter und größer aus als erwartet.

Neben Goulard, Bayrou und de Sarnez scheidet auch der bisherige Minister für den territorialen Zusammenhalt, Richard Ferrand, aus der Regierung aus. Er soll Fraktionschef der Präsidentenpartei La République en Marche in der Nationalversammlung werden. Macron will das neue Kabinett am Abend vorstellen.

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