Fragestunde im Staatsfernsehen:Putin verteidigt Wahlergebnis gegen Fälschungsvorwürfe

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Russland erlebt die größten Demonstrationen seit Zusammenbruch der Sowjetunion, doch Ministerpräsident Putin gibt sich betont gelassen. In einer Fragestunde im Staatsfernsehen verteidigt er das Ergebnis der Parlamentswahl gegen Fälschungsvorwürfe. Mit einer unkonventionellen Idee will er sich gegen neue Proteste bei den Präsidentschaftswahlen wappnen.

Regierungschef Wladimir Putin hat die Parlamentswahl in Russland gegen Fälschungsvorwürfe verteidigt. Das Ergebnis spiegele den Willen des Volkes wider, sagte Putin am Donnerstag in einer live im russischen Staatsfernsehen übertragenen Fragestunde. Die Opposition könne ihre Manipulationsvorwürfe vor Gericht klären lassen, sagte er.

In der jährlichen, live im Staatsfernsehen übertragenen Fragestunde stellt sich Putin den Anrufen aus der Bevölkerung. (Foto: AFP)

Dass seine Regierungspartei Einiges Russland Stimmenverluste erlitten habe, sei das Resultat einer "schwierigen Periode" inmitten der Weltfinanzkrise. Die absolute Mehrheit sei ein "sehr gutes Ergebnis". Insgesamt zog der 59-Jährige eine positive Bilanz seiner Regierung.

Seit der Abstimmung am 4. Dezember haben Zehntausende Russen gegen die mutmaßliche Manipulation der Wahlen protestiert. Die Demonstrationen seien eine "ganz normale Sache", sagte Putin, sie müssten aber im Rahmen des Gesetzes ablaufen. Ein Teil der Demonstranten mache einen intelligenten und erfrischenden Eindruck. "Wenn dies das Ergebnis der Putin'schen Regierung ist, so freut mich das."

Zugleich kritisierte er die Opposition scharf und warf ihr vor, das Land destabilisieren zu wollen. "Das ist falsch und inakzeptabel", sagte der Regierungschef. Die Bevölkerung dürfe dies nicht zulassen. Die Proteste seien ein Versuch, das Vertrauen der Bevölkerung in die anstehende Präsidentenwahl zu untergraben. Putin spottete aber auch über die Proteste: Die weißen Bänder der Demonstranten habe er für "angesteckte Verhütungsmittel" gehalten, die als Zeichen einer Anti-Aids-Kampagne getragen würden.

Ziel der Opposition sei es, Zweifel an der Fairness der Parlamentswahlen und der Präsidentenwahl am 4. März 2012 zu wecken. Für die Präsidentenwahl schlug Putin vor, Internet-Kameras in allen 90.000 Wahlbüros zu installieren. Die Opposition müsse die Möglichkeit erhalten, die Vorgänge in den Wahlbüros zu kontrollieren.

Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Präsident war, will sich dann wieder in den Kreml wählen lassen. Er rief die russische Bevölkerung auf, ihm ihre Stimme zu geben. Es sei nötig, das politische System Russlands weiter zu stabilisieren. Versuche von außerhalb, die politischen Prozesse zu beeinflussen, müssten strikt unterbunden werden. Putin hatte wiederholt dem Westen vorgeworfen, Opposition und Menschenrechtler in Russland zu finanzieren und aufzuhetzen. Auch in der aktuellen Fernsehdiskussion unterstellte er der Opposition, jungen Leuten Geld für die Teilnahme an Kundgebungen gezahlt zu haben

Neben den Protesten gegen die Parlamentswahlen nahm Putin im Staatsfernsehen auch zur Sozial- und Wirtschaftspolitik Stellung. Es sei notwendig, die Wirtschaft zu modernisieren, sagte Putin. "Das sind die Aufgaben, die wir lösen müssen." Trotz knapper Kassen versprach er großzügige Finanzhilfen für sozial schwache Bürger. "Die grundlegende Gesundheitsversorgung in Russland muss kostenlos sein", sagte der Regierungschef. Zugleich sprach er sich gegen eine Erhöhung des Rentenalters aus. Experten hatten immer wieder auf die angespannte Haushaltslage verwiesen.

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