FPÖ:Bleibt in der Familie

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Strache ist weg - aber sein Erbe wird lange wirken.

Von Peter Münch

Welche Wirrnisse sich gerade rund um die FPÖ entwickeln, das erkennt man auch beim Blick auf die John Otti Band. Das Quartett gilt als Hausband von Österreichs Freiheitlichen, absolut Bierzelt- und Wahlkampftauglich. In den höchsten Tönen haben die vier Otti-Brüder Glanz und Glorie der FPÖ und insbesondere ihres vormaligen Anführers Heinz-Christian Strache besungen. Zitat: "Liebe ist der Weg, Gerechtigkeit sein Ziel." Doch nun bekennt der Sänger Werner Otti im Gespräch mit dem Kurier: "Ich war immer ein politischer Mensch, aber jetzt habe ich ehrlich gesagt die Schnauze voll."

Die Otti-Band setzt sich ab von der FPÖ, und ihr Abgesang spiegelt sich wider in den jüngsten Wählerumfragen, wo die FPÖ nach den Querelen und Affären mit nurmehr 15 Prozent gar hinter den Grünen rangiert. Nach dem steilen Aufstieg unter Strache droht nun ein tiefer Fall - und für die FPÖ ist das ein Déjà-vu.

Die Spur führt zurück ins Jahr 2005, als sich Jörg Haider mit Getreuen von der FPÖ abspaltete und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gründete. Nun plant Haiders Nachfolger Strache nach seinem Parteiausschluss einen politischen Alleingang, aller Voraussicht nach rechts von den Rechten. Noch ist zwar nicht zu erwarten, dass "Die Allianz für Österreich" (DAÖ) - als Sprungbrett für Straches von Rach- und Geltungssucht getriebenen politischen Pläne gegründet - der FPÖ tatsächlich den Rang abläuft. Das hat schließlich nicht einmal Haider geschafft, der seinen Nachfolger dann doch zumindest an Charisma und Intellekt überragte. Doch ein paar wertvolle Prozentpunkte könnte die Abspaltung die FPÖ schon kosten.

Straches Comeback hängt allerdings nicht nur von den Wählern ab, sondern vermutlich bald auch von den Gerichten. Ermittelt wird gegen den früheren Vizekanzler seit dem Ibiza-Skandal gleich in mehreren Fällen. Neben der Spesen-Affäre und dem Vorwurf des Postenschachers bei den Casinos Austria muss Strache auch noch erklären, was es mit den offenbar in seinem Wagen fotografierten Taschen voller Geld auf sich hat, von denen die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel am Wochenende Bilder veröffentlicht haben. Nach dem nun mit reichlicher Verspätung vollzogenen Raus-wurf aus der FPÖ könnte es überdies passieren, dass sich noch ein paar Schleusen öffnen und weitere Informationen an die Öffentlichkeit dringen.

Die FPÖ hat nun ein fast existenzielles Interesse daran, sich von Strache abzugrenzen. Der neue Parteichef Norbert Hofer hat den Parteiausschluss schon als "Befreiung" bezeichnet, "weil damit Ibiza für uns Geschichte ist". Doch so einfach, wie Hofer das gern vermitteln möchte, wird das gewiss nicht werden. Denn erstens müssen die Freiheitlichen erkennen, dass sie neben den aktuellen Affären auch ein strukturelles Problem haben. Erst bei Haider, dann bei Strache haben sie ganz auf die Strahlkraft starker Männer an der Spitze gesetzt. Der Personenkult wurde kräftig befördert - das schafft Probleme beim Bruch. Zweitens ist die Parteikarriere von Hofer ebenso wie die des eigentlichen starken Mannes Herbert Kickl eng mit der Ära Strache verknüpft.

Besungen worden ist das in den guten Zeiten immer wieder auch von der John Otti Band mit einer Hymne, in die gern alle eingestimmt haben. Der Refrain: "Wir sind eine Familie."

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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