Eine Woche endet in Europa, in der Hunderte Flüchtlinge starben, draußen auf dem Mittelmeer und in einem Kühllaster, abgestellt an der österreichischen Autobahn A 4. Man konnte in dieser Woche hilflose Politiker und Behördenvertreter sehen, starke Worte und Absichtserklärungen hören. Man konnte verfolgen, wie im sächsischen Heidenau die Gewalt eskalierte und dann Bundeskanzlerin Angela Merkel beschimpft wurde, als sie den Ort besuchte; man konnte aber auch sehen, wie viele Menschen denen helfen wollen, die da kommen.
Es war eine Woche des Entsetzens und des Zorns, der Scham über den Hass und die Gleichgültigkeit - und des Stolzes auf die Zivilcourage vieler Menschen. Es war eine Woche, die ahnen lässt, wie sehr diese Flüchtlingskrise Deutschland und Europa ändern wird.
Die Menschen im Laster hatten noch versucht, sich zu befreien
In der Nacht zum Freitag bargen die österreichischen Behörden 71 Leichen aus dem Laderaum des Kühllasters: Schleuser hatten offenbar die 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder, darunter ein etwa eineinhalbjähriges Mädchen, in den Lkw gepfercht, um sie so über Ungarn und Slowenien nach Österreich zu bringen. Wann genau die Menschen starben, die wohl aus Syrien stammten, war am Freitag noch unklar. Vermutlich sind sie erstickt. Der ORF berichtete, die Menschen hätten noch versucht, sich zu befreien - der Laderaum sei nach außen hin ausgebeult und teilweise aufgeschlitzt. Die Leichen sollen nun in Wien obduziert werden.
Die österreichische Polizei geht davon aus, dass ein bulgarisch-ungarischer Schlepperring die Todesfahrt zu verantworten hat. Der Halter des Lastwagens, ein Bulgare libanesischer Herkunft, die beiden mutmaßlichen Fahrer und ein vierter Mann sitzen in Untersuchungshaft. Die wahren Hintermänner dürften nur schwer zu überführen sein; das Schleusergeschäft ist gut organisiert, nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden dort sieben Milliarden Euro im Jahr umgesetzt - Geld, abgepresst von den Flüchtlingen, die für den Landweg ungefähr 10 000 Euro zahlen.