Flüchtlinge:Land will mehr Platz für Erstaufnahme schaffen

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Bei der Unterbringung von Flüchtlingen sehen viele Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern ihre Belastungsgrenze erreicht. Bei einem Krisentreffen mit Ministerpräsidentin Schwesig wurde nach Lösungen gesucht. In einem Punkt gab die Regierung den Forderungen nach.

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Schwerin (dpa/mv) - Die Landesregierung in Schwerin reagiert nur verhalten auf die anhaltenden Proteste gegen die Errichtung großer Sammelunterkünfte in Dörfern Mecklenburg-Vorpommerns. Wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Donnerstagabend nach sechsstündigen Beratungen mit den Spitzen der Kommunalverbände mitteilte, wird das Land weitere Plätze zur Erstaufnahme von Flüchtlingen schaffen. Um wie viel die bisherige Platzzahl von 1700 in den Landeseinrichtungen in Schwerin und Horst (Landkreis Ludwigslust-Parchim) aufgestockt wird, sagte sie nicht. Auch der Ort für eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung stehe noch nicht fest. „Da muss sich ein weiterer Landkreis oder kreisfreie Stadt bereiterklären“, sagte Schwesig.

Auf die Festlegung von Obergrenzen für Sammelunterkünfte in Kommunen wurde verzichtet. Doch verwies Schwesig auf eine seit 2021 geltende Empfehlung, nach der in kleinen Orte wie etwa Upahl maximal 80 Personen untergebracht werden sollen, in Kleinstädten 150 bis 350. „Wir brauchen Unterkünfte vor Ort. Aber die Unterkünfte müssen zur Situation in den Gemeinden passen“, betonte Schwesig. Es gehe nicht nur um die Unterbringung von Flüchtlingen, sondern auch um die Akzeptanz vor Ort. In Upahl (Nordwestmecklenburg) waren die bisherigen Pläne des Landkreises, dort eine Containersiedlung für bis zu 400 Flüchtlinge zu errichten, auf massiven Widerstand gestoßen.

Das Treffen sei ein Abstimmungsgespräch zwischen Regierung, Kreisen und Kommunen gewesen, sagte der Seenplatte-Landrat Heiko Kärger (CDU) als Vorsitzender des Landkreistages. Es sei eine gemeinsame und dauerhafte Aufgabe, die Herausforderungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu bewältigen. „Es kann sich keine Gemeinde da entziehen“, betonte er. Es würden noch mehr Menschen nach Deutschland kommen, die ein Recht darauf hätten, auch menschenwürdig behandelt zu werden. Doch verwies Kärger auch darauf, dass sich Land, Kreise und Kommunen in ihren Forderungen an den Bund nach mehr finanziellen Hilfen, beschleunigten Asylverfahren und der raschen Abschiebung abgelehnter Bewerber einig seien.

Nach Angaben Schwesigs plant das Land für die Aufnahme von Flüchtlingen in diesem Jahr 428 Millionen Euro ein. 2021 habe der Betrag noch bei 200 Millionen Euro gelegen. An die Bundesregierung richtete sie die Forderung, wie 2015/2016 zusätzliche Mittel für sogenannte Integrationslotsen und niederschwellige Sprachkurse bereitzustellen und die Aufnahme von Flüchtlingen in Arbeitsverhältnisse zu unterstützen. Schwesig mahnte eine rasche Abschiebung von Straftätern an. „Es sind Einzelfälle. Sie vergiften aber die Stimmung“, sagte sie.

Die Kommunalverbände waren mit klaren Erwartungen in das Spitzengespräch gegangen, nachdem der Flüchtlingsgipfel des Bundes Mitte Februar für sie enttäuschend verlaufen war. So mahnten sie mehr Unterstützung des Landes für Schulen und Kitas an, die Flüchtlingskinder aufgenommen haben. Nach Angaben von Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) gehen etwa 5500 Kinder und Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern zur Schule und 900 Kinder besuchen eine Kita. Gemeinsames Ziel mit den Kreisen sei es, die Verteilung besser zu steuern, um die Überlastung einzelner Einrichtungen zu verhindern.

AfD-Landeschef Leif-Erik Holm forderte angesichts des Treffens in Schwerin von der Landesregierung konkrete Ergebnisse und ein klares Signal für eine spürbare Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland gefordert. Schwesig müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die unmissverständliche Botschaft senden: „Wir haben keinen Platz mehr.“ Nur so ließen sich die Kommunen vor dem Kollaps bewahren, sagte Holm. Die von den Kommunalverbänden geforderte Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtungen sei daher „völlig kontraproduktiv“.

Forderungen von AfD und CDU nach schnellerer Abschiebung abgelehnter Asylbewerber erteilte die Linke eine Absage. „Die Herkunftsländer Russland, Ukraine, Afghanistan, Syrien oder Irak sind allesamt keine friedlichen Regionen für Schutzsuchende. Zu Abschiebungen in Kriegs- oder Bürgerkriegsregionen als auch in Länder, in denen Verfolgung droht, sagen wir ganz klar: Nein“, heißt es in einer Mitteilung des Landesvorstandes. Darin verweist die Linke darauf, dass von rund 4800 Ausreisepflichtigen im Nordosten etwa 4500 den Status einer Duldung hätten.

Der FDP-Landtagsabgeordnete David Wulff warf der Koalition vor, sich der Ernsthaftigkeit der Problematik offenbar nicht bewusst zu sein. „Die Situation zur Unterbringung von Schutzsuchenden in den Kommunen hat in den letzten Tagen deutlich an Brisanz gewonnen. Deshalb brauchen wir jetzt schnelle Lösungen, nicht erst morgen oder übermorgen“, so Wulff. Nach seinen Worten dringt die FDP auf die Einsetzung einer weiteren Enquete-Kommission im Landtag. Der Sonderausschuss aus Abgeordneten und externen Fachleuten solle sich mit dem Thema „Chancen der Zuwanderung erkennen und nutzen“ befassen.

© dpa-infocom, dpa:230310-99-898552/2

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