Fleischindustrie:Schlachten erlaubt

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Ein Mitarbeiter von Tönnies klebt Aufkleber an die Handdesinfektionsspender an den Mitarbeitereingängen. (Foto: Guido Kirchner/dpa)

Bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück dürfen wieder Schweine getötet und verarbeitet werden.

Von Jana Stegemann, Düsseldorf

Der größte deutsche Fleischbetrieb Tönnies darf in seinem Hauptwerk in Rheda-Wiedenbrück wieder Schweine schlachten und verarbeiten. Bis zu 10 000 Tiere pro Tag. Die Stadtverwaltung hat den vierwöchigen Produktionsstopp für die beiden Tönnies-Unternehmen Reisinger (Schlachtung) und Acontex (Blutverarbeitung) aufgehoben. Und das zwei Tage früher als erwartet: Die seit Mitte Juni geltende Schließungsverfügung durch die Stadt sollte erst am 17. Juli ablaufen, also in der Nacht zu Samstag. Doch Tönnies habe ein für alle Seiten überzeugendes Hygienekonzept für die schrittweise Wiederinbetriebnahme des Unternehmens vorgelegt, sagte eine Stadtsprecherin. Nun sollen ab Donnerstagmorgen im Hauptwerk wieder die ersten Tiere angeliefert und unter Einhaltung der neuen Hygieneauflagen getötet werden. Vor dem massenhaften Corona-Ausbruch innerhalb der Belegschaft schlachteten und verarbeiteten im Stammwerk mehr als 6000 Männer und Frauen bis zu 25 000 Schweine täglich.

"Die 597 Mitarbeitenden der Schlachtung und die 7 Mitarbeitenden der Blutverarbeitung dürfen ab sofort das Werksgelände betreten und ihre Arbeit schrittweise wieder aufnehmen", heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Die Bereiche seien "räumlich und betrieblich" von anderen Bereichen getrennt. "Ein stetiger Luftaustausch ist gewährleistet", so die Stadt, das Infektionsrisiko werde "als gering eingestuft." Der Mindestabstand könne eingehalten werden. Zudem sollen alle Mitarbeiter zweimal wöchentlich auf das Coronavirus getestet werden.

Am Donnerstag wollen Experten die Hygienebedingungen in dem Betrieb überprüfen

Tönnies war von den Behörden geschlossen worden, weil sich Mitte Juni mehr als 1500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit dem Coronavirus infiziert hatten. Für mehr als 600 000 Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf hatte die nordrhein-westfälische Landesregierung zudem wieder Kontaktbeschränkungen angeordnet; Schulen und Kitas waren geschlossen worden. Mutmaßlich hatte sich das Virus in der Zerlegeabteilung der Großschlachterei so massiv ausbreiten können. Hier werden die toten Schweine unter anderem zersägt.

Zwar stellte Tönnies bereits auch für diesen zweiten Produktionsschritt einen Antrag auf Wiederinbetriebnahme, doch am Donnerstagvormittag wollen Behördenvertreter und Hygieneexperten die Arbeitsräume und Bedingungen überprüfen, sagte eine Stadtsprecherin: "Erst danach wird entschieden, ob die Zerlegeabteilung am Freitag probeweise wieder geöffnet werden kann." Am Montag hatten Hygieneexperten der Universität Bonn in der Zerlegeabteilung eine neue Filteranlage der Klimaanlage getestet. Der Bonner Hygieneforscher Martin Exner hatte die bisherige Luftumwälzung in der Zerlegeabteilung als Risikofaktor für die extreme Ausbreitung des Virus bezeichnet.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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