Finanzen:Der Staat schwimmt im Geld

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Hohe Steuereinnahmen und Sozialbeiträge bescheren Deutschland so viele Finanzmittel wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr - der Überschuss beträgt fast 24 Milliarden Euro.

Von Michael Bauchmüller und Markus Zydra, Berlin/Frankfurt

Der deutsche Staat verfügt über so viel Geld wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts nahm er im vorigen Jahr fast 24 Milliarden Euro mehr ein, als er ausgab. Das sind knapp drei Milliarden Euro mehr als im vorigen Jahr, das auch schon einen Rekord markierte.

Der jüngste Kassensturz umfasst die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden ebenso wie die Rücklagen der Sozialversicherungen. Alleine sie verbuchten im vorigen Jahr einen Überschuss von 8,2 Milliarden Euro, der Bund kam auf 7,7 Milliarden Euro plus. Dahinter stehen die hohe Beschäftigung und entsprechende Beiträge zu den Sozialversicherungen, aber auch ein stabiler Konsum. Auch für das laufende Jahr sei ein "solides Wachstum" zu erwarten, hieß es im Bundesfinanzministerium. Die Zahlen bilden die Basis für die Überprüfung der Maastricht-Kriterien. Diese verlangen, dass das Staatsdefizit höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Der Bund dagegen erreichte einen Rekordüberschuss von 0,8 Prozent.

Das facht die Debatte über die Verwendung der Überschüsse erneut an. Finanz-Staatssekretär Jens Spahn (CDU) empfahl am Donnerstag, das Geld nicht nur für Investitionen zu nutzen, sondern auch Steuern und schrittweise den Solidaritätszuschlag zu senken. "Dann haben alle was von den Überschüssen", sagte er. Konkret denkt das Ministerium darüber nach, Steuerzahler um 15 Milliarden Euro zu entlasten. Damit ließe sich die Steuerquote um einen halben Punkt auf 22 Prozent drücken.

Davon allerdings hält die SPD wenig. "Vorschläge der Union, aus dem Überschuss Steuersenkungen zu finanzieren, sind unseriös", sagte SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider. Dauerhafte Steuersenkungen ließen sich nicht durch kurzfristige Überschüsse finanzieren. Besser sei das Geld in einer öffentlichen "Investitionsoffensive" angelegt. Derweil mühte sich Kanzlerin Angela Merkel darum, die Debatte zu dämpfen. "Ich mache mir keine Sorge, dass wir nicht wüssten, was wir Sinnvolles mit dem Geld tun können, das vielleicht vorhanden ist", sagte sie in Berlin. Die Spielräume seien aber letztlich überschaubar.

Zumal ebenfalls am Donnerstag auch ein Milliardenloch im Haushalt bekannt wurde, gerissen von der Bundesbank. Denn für 2016 hat die Notenbank nur 400 Millionen Euro an das Bundesfinanzministerium überwiesen - so wenig wie seit 2004 nicht mehr. Das Finanzministerium hatte mit 2,5 Milliarden Euro gerechnet.

Hinter dem Rückgang steht reine Vorsicht. Die Bundesbank möchte sich gegen Verluste wappnen, wenn die Europäische Zentralbank die Leitzinsen erhöht. Dann würden die Strafzinsen wegfallen, die Banken bisher für jenes Geld zahlen, das sie über Nacht bei der Notenbank parken - bislang eine lukrative Einnahmequelle. "Für diese Zeit sorgen wir jetzt maßvoll vor", sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in Frankfurt. 1,8 Milliarden Euro flossen in ein Sicherheitspolster statt an den Finanzminister. "Es ist nicht unser Geschäftsmodell, einen Gewinn für den Bundesfinanzminister zu erzielen", sagte er.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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