FDP: Guido Westerwelle:Die Basis attackiert den Chef

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Von wegen Neustart, von wegen Konzentration auf den politischen Gegner: FDP-Chef Guido Westerwelle muss sich auf einer Konferenz seiner Partei viel Kritik anhören.

Peter Blechschmidt

Die FDP will politisch wieder in die Offensive kommen. "Wir wollen die Phase der kritischen Selbstbetrachtung beenden und verpasste Chancen nicht länger beweinen", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Sonntag auf einer Konferenz der Kreisvorsitzenden in Berlin. Das Treffen bildete den Abschluss einer Serie sogenannter Regionalkonferenzen, auf denen sich die Liberalen mit der schwierigen Lage der Partei beschäftigt hatten.

Ein Parteichef in der Kritik: Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf der Kreisvorsitzendenkonferenz in Berlin. (Foto: dpa)

Die FDP habe sich lange genug "aus dem Wettbewerb der Ideen und Werte" herausgehalten, sagte Lindner. Inzwischen habe sie ihr Profil auf vielen Politikfeldern wie der Debatte um die Euro-Stabilität, bei der Zuwanderung oder bei der Bewahrung marktwirtschaftlicher Prinzipien geschärft. Nun müsse sich die FDP stärker mit dem politischen Gegner auseinandersetzen.

"Viel zu lange haben wir die anderen geschont", sagte Lindner. SPD und Grünen warf er mangelnde Glaubwürdigkeit und Populismus vor. Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, rief: "SPD und Grüne sind nicht die Moralinstanzen dieser Republik." Mit Blick auf die Demonstrationen gegen das Bahnprojekt Stuttgart21 sagte Homburger, die FDP wolle "den Rechtsstaat verteidigen". "Wir werden nicht zulassen, dass die letzte Instanz die Sitzblockade ist."

Während die vorangegangenen Regionalkonferenzen hinter verschlossenen Türen stattfanden, war das Treffen der Kreisvorsitzenden am Sonntag öffentlich. Die Mehrheit der Redner nutzte die Gelegenheit zu teilweise harscher Kritik an der Parteiführung. Die FDP leide an einem massiven Profil- und Glaubwürdigkeitsverlust, monierten sie. Der Koalitionsvertrag mit der Union sei zu hastig verhandelt worden und enthalte zu viele Unklarheiten.

Erneut wurde Parteichef Guido Westerwelle vorgeworfen, dass er in den Koalitionsverhandlungen nicht das Finanzministerium für die FDP durchgesetzt habe. Der Kreisvorsitzende von Gütersloh, Michael Böwingloh, forderte Westerwelle auf, die Personalunion von Parteivorsitz und Außenministeramt aufzugeben. Jörg Behle aus Marburg beklagte, junge Leute seien nicht mehr bereit, sich als Kandidaten für die FDP zur Verfügung zu stellen.

Westerwelle entgegnete, er werde sich in der schwierigen Lage nicht aus der Verantwortung als Vorsitzender stehlen. Im Übrigen gelte ein großer Teil der Angriffe nicht seiner Person, sondern dem Amt.

© SZ vom 25.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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