FDP:Ein Lottchen

Die Freien Demokraten werden 70. Viele Jahre achteten sie auf den Wirtschaftsliberalismus wie auf die Bürgerrechte und waren die natürliche Staatspartei, ohne die kein Staat zu machen war. Doch leider hat die Partei die Bürgerrechtler kleingemacht.

Von Heribert Prantl

Wer den politischen Liberalismus liebt, und es gibt gute Gründe, ihn zu lieben, der hat es eigentlich ganz gut in Deutschland - weil es ihn hierzulande gleich zweimal gibt: Einmal als FDP, die soeben ihr 70. Jubiläum feiert; und dann in Gestalt der Grünen, die noch nicht so alt sind, aber liberale Erbsubstanz in sich tragen. Die Wähler beider Parteien kommen aus demselben Milieu. Das ist einer der Gründe dafür, warum sich die beiden oft so benehmen wie feindliche Geschwister. Sie sind das doppelte Lottchen der Politik - das eine wirtschaftsliberal, das andere ökoliberal.

Die FDP hat das, was einst fest zu ihr gehörte, ausgelagert: Zur FDP gehörte das Beharren auf Grundrecht und Rechtsstaat; die FDP war Rechtsstaatspartei und zugleich Wirtschaftspartei; diese Bipolarität machte die FDP aus. Das "Bi" ist vorbei. Das Bürgerrechtliche findet sich, ohne den Biss, den einst FDP-Leute wie Burkhard Hirsch und Gerhart Baum hatten, bei den Grünen.

Die FDP war vier Jahrzehnte lang die natürliche Staatspartei der Bundesrepublik; ohne sie war kein Staat zu machen; die Union brauchte sie zum Regieren, die SPD auch. Die FDP hat dabei in ihren ersten 40 Jahren in einem Drei- bis Vier-Parteienland geniales Geschick bewiesen. Dieses Geschick fehlt der FDP heute. Sie muss es in einem Viel-Parteien-Deutschland neu entwickeln. Es gilt der Satz des FDP-Generalsekretärs Flach aus dem Jahr 1971: "Noch eine Chance für die Liberalen." Er ist ein Geburtstagsmotto.

© SZ vom 15.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: