FDP:Bemühter Jubel

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Als "kleiner Gewinner" bezeichnet Christian Lindner die FDP. Mit gut 7,5 Prozent könnte seine Partei mit Schwarz und Grün koalieren - "wenn man uns fragt und wenn man uns eine faire Partnerschaft anbietet", wie Lindner sagt.

Von Daniel Brössler, Berlin

Es geht aufwärts, immerhin. Gut 7,5 Prozent sind kein Triumph, aber sie liegen doch ausreichend deutlich über der doppelten Fünf, die es zu überbieten galt. Mit fünf Prozent war die FDP 2013 gerade so in den hessischen Landtag eingezogen. Und bei 5,1 Prozent pendelte sich das Ergebnis nach einer nächtlichen Zitterpartie bei der Wahl vor zwei Wochen in Bayern ein. Die ersten Zahlen aus Wiesbaden werden denn auch mit einem etwas bemühten, aber auch nicht unehrlichen Jubel beantwortet in der Lobby des Berliner Hans-Dietrich-Genscher-Hauses, in dem auf einem Großbildschirm das etwas kryptische Motto "Die nächste Stufe Hessen" prangt. Vielleicht soll es ja heißen: die nächste Stufe zum Vielleicht-doch-noch-Regieren. Im weiteren Verlauf des Abends jedenfalls gilt die Aufmerksamkeit mehr noch als dem eigenen Abschneiden der Frage, ob es noch einmal reicht für Schwarz-Grün in Hessen. Oder ob die FDP doch über ein Jamaika-Bündnis ins Spiel kommt.

"Heute Abend müssen andere zittern", verkündet FDP-Chef Christian Lindner erst einmal. Es gebe große Gewinner bei der Wahl in Hessen und große Verlierer. "Wir sind ein kleiner Gewinner und darüber freuen wir uns genauso", sagt Lindner. Sein eigentlicher Punkt aber ist ein anderer. "Über 20 Prozentpunkte haben die Parteien der großen Koalition in Berlin verloren", konstatiert der FDP-Chef. Das sei "ein Misstrauensvotum gegen die Politik der großen Koalition, gegen den Stil und die Inhalte der großen Koalition und auch gegen die Person der Bundeskanzlerin selbst".

Letztlich geht es - wie schon seit Monaten in der FDP - ja immer um das eine: die Deutungshoheit über das abgeblasene Jamaika-Projekt im Bund. In dieser Hinsicht ist der Ausgang der Hessenwahl in doppelter Hinsicht bedeutsam. Ein Resultat, das von der FDP als ordentlich verbucht werden kann, scheint zum einen zu beweisen, dass zumindest die eigene Wählerschaft die vergebene Chance zum Regieren in Berlin nicht übel nimmt. Und eine Konstellation, in der die FDP in Hessen womöglich gebraucht wird, böte die Gelegenheit einmal mehr klarzustellen, dass die Unlust am Regieren ja keine grundsätzliche ist. Man könne, aber müsse in Wiesbaden nicht in der Opposition bleiben, ist Lindners Botschaft. Die Freien Demokraten seien "auch immer bereit zur Übernahme von Regierungsverantwortung". Umfragen hätten gezeigt, dass fast 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Hessen es begrüßen würden, wenn die FDP in eine Regierungskoalition einträte. Nur die Bedingungen müssten eben stimmen. "Dann, wenn man uns fragt und dann, wenn man uns eine faire Partnerschaft anbietet, sind wir bereit zu sprechen", sagt Lindner. Und: "Unsere Telefonnummer jedenfalls ist bekannt." Als Vorbild hatte Lindner schon in denen vergangenen Tagen immer wieder die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein genannt, wo man gut mit Union und FDP zusammenarbeite. Dagegen stellte er als Schreckgespenst die "Methode Merkel". Lindner meint damit so etwas wie missgünstiges Koalieren, in dem die CDU den kleineren Partnern keine Erfolge gönne. Weshalb er schon vor der Hessen-Abstimmung klargemacht hatte: Ganz egal, welche Turbulenzen die Wahl auch immer nach sich ziehen mag, in eine Regierung Merkel wird die FDP nicht einziehen.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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