Explosive Post aus dem Jemen:Furcht vor der Terrorfracht

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Die Terrorfracht, die per Luftpost in die USA sollte, war echt und höchst gefährlich. Eine der Bomben wurde in Deutschland umgeladen. Inzwischen wurden im Jemen zwei verdächtige Frauen festgenommen.

Zwei eher zufällig vereitelte Bombenanschläge mit Luftpostpaketen auf Ziele in den USA haben die Terrorfahnder in Alarmstimmung versetzt. Als erste Konsequenz wurden die Sicherheitskontrollen im Luft-Frachtverkehr verschärft.

Eine beschlagnahmte Emirates-Maschinen auf dem Flughafen John F. Kennedy in New York. Die US-Behörden hatten zwei Jagdflugzeuge aufsteigen lassen, um die Passagiermaschine zu eskortieren. Sie hatte verdächtige Fracht aus dem Jemen an Bord, die sich jedoch als nicht gefährlich herausstellte. (Foto: dpa)

Nach US- Medienberichten vom Samstag wurden die Pakete aus dem Jemen nur durch einen Hinweis des saudi-arabischen Geheimdienstes entdeckt und nicht, weil die regulären Sicherheitschecks wirksam waren. Im Jemen wurden am Samstagabend zwei Verdächtige festgenommen, von denen eine Frau von den US-Behörden als Aufgeberin der Pakete ermittelt worden war.

Eine der beiden Bomben, in denen sich der Sprengstoff PETN befand, wurde in Dubai entdeckt. Der zweite Sprengsatz wurde am Freitag auf dem East-Midlands-Flughafen nahe Nottingham gefunden.

Wie der britische Premier David Cameron am Samstagabend sagte, sollte die Bombe noch im Flugzeug explodieren. Die manipulierte Drucker-Patrone war nach bisherigen Erkenntnissen mit einem Flugzeug des Paketdienstes UPS aus dem Jemen nach Großbritannien gekommen, auf ihrem Weg dahin auf einem deutschen Flughafen umgeladen worden. "Ein Paket, das im Jemen auf den Weg gebracht wurde, in Deutschland landete, dann in Großbritannien landete, bestimmt für Amerika; das zeigt, wie stark wir zusammenstehen und wie entschlossen wir sein müssen, um den Terrorismus zu besiegen", sagte Cameron vor einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel.

Der britische Sender Sky News berichtete, das Paket sei in Köln umgeladen worden. Nach einem Bericht der Bild am Sonntag hatte das Bundeskriminalamt zwar einen Hinweis aus Saudi-Arabien erhalten, konnte den Weitertransport des Bombenpakets durch den Paketservice UPS nach Großbritannien aber nicht mehr stoppen. In Deutschland wurden unterdessen die Kontrollen verschärft.

Nach einer Bitte der US-Luftsicherheitsbehörde (TSA) und in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium bat das Verkehrsministerium am Abend die DHL, Fracht aus dem Jemen auf ihrem Drehkreuz in Leipzig zu kontrollieren. Die DHL kam dieser Bitte unverzüglich nach, teilte das Ministerium mit. Das Unternehmen kontrolliere damit bis auf Weiteres die Fracht aus dem Jemen, gleichermaßen wie UPS und FedEx.

Das Bundesinnenministerium zog weitere Konsequenzen. "Die Bundesregierung stellt sicher, dass ab sofort keine Luftfracht aus dem Jemen mehr in Deutschland ankommt", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bild am Sonntag. Zuvor hatte bereits Frankreich alle Frachtflüge aus dem Jemen gestoppt.

Inzwischen gingen die Terrorismus-Ermittlungen weiter, sie konzentrieren sich vor allem auf die Frage, ob es sich um ein großangelegtes Komplott handelt. Vermutungen verstärkten sich, dass die Anschlagversuche auf das Konto eines zunehmend gefährlichen Al-Qaida-Zweiges im Jemen gehen. Das Land ist deswegen in jüngster Zeit zunehmend in das Visier von Terrorfahndern geraten. Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh lehnte aber fremde Hilfe ab. "Wir möchten nicht, dass sich jemand in Angelegenheiten des Jemens einmischt und die al-Qaida hier jagt", sagte er. "Wir werden unsere Flugzeuge und Ausrüstung einsetzen, um die al-Qaida wo auch immer im Land zu jagen."

Nach Medienberichten stellte sich bei Tests heraus, dass die abgefangenen Paketbomben den Sprengstoff PETN enthielten. Den gleichen Sprengstoff wollte auch der sogenannte "Unterhosenbomber" Omar Farouk Abdulmutallab bei seinem - gescheiterten - Versuch zünden, um an Weihnachten 2009 ein Passagierflugzeug über Detroit in die Luft zu jagen. Abdulmutallab hatte nach Angaben der US-Behörden Verbindungen zur al-Qaida im Jemen. Wie weiter bekannt wurde, waren beide Päckchen an Synagogen in Chicago gerichtet.

Jüdische Einrichtungen in allen Teilen der USA verstärkten ihre Schutzmaßnahmen. Im Jemen wurde am Samstag die Suche nach möglichen weiteren verdächtigen Paketsendungen fortgesetzt. Beide Päckchen enthielten zu Bomben umfunktionierte Druckerpatronen. Bei einem der Sprengsätze soll ein Anschluss für ein Mobiltelefon, das als Zünder gedacht gewesen sein könnte, gefunden worden sein. Die damit verbundene SIM-Karte habe die Ermittler auf die Spur der Verdächtigen in Sanaa geführt. Wie der jemenitische Präsident Saleh am Abend mitteilte, wurden eine Medizinstudentin und ihre Mutter festgenommen. Weitere Details wurden nicht veröffentlicht.

Am Freitag hatte vieles zunächst auf falschen Alarm hingedeutet. Es war von Bombenattrappen, später von einem Testlauf für einen echten Terroranschlag die Rede gewesen. US-Präsident Barack Obama sagte dann aber wenig später, die Pakete beinhalteten "anscheinend explosives Material". Er sprach von einer "glaubhaften terroristischen Bedrohung". Nach dem Fund wurden in den USA Dutzende Frachtflugzeuge der Gesellschaften UPS, DHL und FedEx untersucht. In Philadelphia und Newark bei New York wurden insgesamt drei Cargomaschinen auf abgelegene Parkpositionen gezogen, um die Fracht zu durchsuchen. Ein UPS-Lastwagen wurde ebenfalls gestoppt und durchsucht.

© AFP/Reuters/dpa/dapd/kat/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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