Ex-Wirtschaftsminister Glos:Die wahre Chefin hieß Sabine

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Michael Glos gewann als Wirtschaftsminister nie Profil - sein Vorbild Ludwig Erhard blieb für ihn unerreichbar.

T. Öchsner, M. Bauchmüller, C. Hulverscheidt

Wer das Eingangsfoyer des Bundeswirtschaftsministeriums betritt, kann 13 würdevoll blickende Herren betrachten: deutsche Wirtschaftsminister, abgelichtet in Schwarzweiß.

Ohne Sabine Bastek bin ich nichts: Ex-Wirtschaftsminister Glos. (Foto: Foto: AP)

Darunter sind Berühmtheiten wie Ludwig Erhard (CDU), aber auch Politiker, an deren Namen sich nur noch wenige erinnern, wie Helmut Haussmann (FDP). Bald dürfte auch ein Bildnis von Michael Glos die Berliner Ahnengalerie schmücken. Der CSU-Politiker dürfte aber eher zu jenen gehören, die bald in Vergessenheit geraten.

Das liegt nicht nur an Glos selbst, der sein Amt nur halbherzig ausfüllte. Auf dem Stuhl des Bundeswirtschaftsministers erfolgreich zu sein, ist schwierig.

Es ist ein Amt mit wenig Mitteln und ohne die Machtfülle, wie sie andere im Kabinett haben. Wer in die Fußstapfen von Ludwig Erhard (1949 bis 1963) tritt, hat viele kleine Themen und kein großes. Er darf bei Tourismus und Mittelstand mitreden. Er steht Bundeskartellamt, Ausfuhrkontrolle und seltsamen Behörden wie jener für Geowissenschaften und Rohstoffen vor.

Formal ist er für den Außenhandel zuständig, de facto aber übernimmt den Job die EU-Kommission. Auch über die Energiepolitik darf er der Form halber entscheiden, liegt aber dabei im Dauerclinch mit dem Umweltminister. Im Fall der Minister Glos und Sigmar Gabriel (SPD) war dieser Zwist besonders amüsant. Nur hatten Glos' Leute dabei oft genug das Nachsehen.

Nicht einmal großes Geld darf der Wirtschaftsminister ausgeben, wie etwa der Arbeits- oder Verkehrsminister. Stattdessen fungiert er im Idealfall als Hüter der sozialen Marktwirtschaft, als ordnungspolitisches Gewissen der Regierung. Der CSU-Politiker schaffte dies allerdings nie. Sein Profil blieb verschwommen.

Mal kämpfte er für den Wettbewerb, mal für einzelne Branchen. Hinzu kam die eigene Unsicherheit: Glos erweckte oft den Eindruck, es fehle ihm an Sachkunde, vor allem, wenn er nicht vom Blatt ablesen konnte. Als Anfang Dezember die ersten Diskussionen über die Abwrackprämie aufkamen und ihn Journalisten nach seiner Meinung fragten, hatte Glos keine. Ohne seine Experten war er allzu rasch aufgeschmissen.

Die wahre Chefin des Universums

Wenn es schwierig wurde, schickte der Minister deshalb gern seinen Mann für alle Fälle vor: den Staatssekretär Walter Otremba. Der 57-jährige promovierte Volkswirt wurde unter Glos Kopf des Ministeriums, auf Empfehlung von Parteifreund Theo Waigel.

Ob beim Kampf gegen den Mindestlohn, neue Verschuldungsregeln für das Grundgesetz oder Steuersenkungen, stets dachte Otremba vor, schrieb Argumentationspapiere und zog für Glos als treuer Diener die Fäden. Die Nummer eins im Glos'schen Universum war allerdings all die Jahre Sabine Bastek, deren wechselnde Amtsbezeichnungen nur wenig über ihre wahre Bedeutung verrieten. Offiziell war Bastek zuletzt "Leiterin des Leitungsstabs" im Wirtschaftsministerium, was im Englischen mit dem Titel "Chief of Staff" besser beschrieben wird.

Tatsächlich aber war sie seit eineinhalb Jahrzehnten für Glos die engste Beraterin, die gewiefteste Strippenzieherin, das Mädchen für alles. Bastek setzte für ihn die Themen, agierte als Frühwarnsystem und bewahrte den Chef vor größeren medialen Desastern, wenn dieser wieder einmal verbal über das Ziel hinausgeschossen war.

Als Glos 2003 in großer Runde sein zehnjähriges Jubiläum als Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag feierte, da fiel die Eloge auf seine bessere politische Hälfte länger aus als alle anderen Danksagungen zusammen - inklusive derer an seine Frau. Sie gipfelte - sinngemäß - in dem Satz: Ohne Sabine Bastek bin ich nichts.

© SZ vom 10.02.2009/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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