EU-Türkei-Beziehungen:Türkischer Vize-Premier hofft auf Beruhigung im Streit mit der EU

Falls die EU in eine Union verschiedener Geschwindigkeiten übergehe, sieht Şimşek Raum für eine vertiefte Integration in einzelnen Kernbereichen. (Foto: dpa)

Beide Seiten würden nach den Wahlkämpfen in der Türkei und der EU hoffentlich wieder zu einer positiven Agenda zurückkehren, sagte Mehmet Şimşek dem "Handelsblatt". Der EU wirft er eine falsche Wahrnehmung der Türkei vor.

Der türkische Vize-Premier Mehmet Şimşek will sich an der Eskalation nach dem Eklat um Wahlkampfauftritte nicht beteiligen. Er hoffe, dass sich die Rhetorik nach den Wahlkämpfen in Europa und der Türkei "wieder beruhigen wird und wir zu einer positiven Agenda zurückkehren können", sagte Şimşek dem Handelsblatt. Und fuhr fort: "Die Türkei hat in einer Weise auf Krisen reagiert, die leider so wahrgenommen wird, als ob die Türkei sich vom Westen entfernt."

Der Wunsch, europäische Standards zu erreichen, sei in der Türkei aber immer noch stark. Falls die EU in eine Union verschiedener Geschwindigkeiten übergehe, sieht Şimşek Raum für eine vertiefte Integration in einzelnen Kernbereichen. "Das wäre für alle Seiten vorteilhaft", erklärte der Stellvertreter von Ministerpräsident Binali Yıldırım.

Zugleich verteidigte Şimşek die von seiner Partei AKP angestrebte Verfassungsreform, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu mehr Macht verhelfen würde. Europa solle zudem in Bezug auf Wahlkampfauftritte türkischer Politiker keine Doppelstandards anwenden. "Schließlich dürfen Gruppierungen wie die PKK, die sogar in Europa verboten sind, zu Demonstrationen aufrufen, aber wir dürfen nicht auftreten. Das ist schwer zu verstehen", sagte er.

Zuvor hatte in Deutschland auch schon Sportminister Akif Çağatay Kılıç um Verständnis geworben. Erdoğan reagierte aber auf die Untersagung von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Europa und besonders Deutschland wiederholt mit wüsten Schmähungen bis hin zu Nazi-Vergleichen. Am Mittwoch sagte er bei einem Wahlkampfauftritt: "Wenn ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher sein." Die Beziehungen sind derzeit auf einem Tiefpunkt.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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