EU-Kommission:Nur gut gemeint

Jean-Claude Junckers Roaming-Pläne bleiben unausgewogen.

Von Alexander Mühlauer

Eines muss man Jean-Claude Juncker lassen: Der Präsident der EU-Kommission hat ein feines Gespür für Stimmungen. Und so war es kein Wunder, dass er, kurz vor seiner Rede zur Lage der Union, jenen dilettantischen Vorschlag seiner Behörde kassierte, der mit einem klaren Versprechen brach. Nicht weniger als die Abschaffung der Roaming-gebühren hatte die Kommission in Aussicht gestellt. Doch dann hieß es: Gilt nicht, wenn man mehr als 90 Tage im Ausland unterwegs ist. Das Vorhaben, das den Bürgern endlich mal wieder hätte zeigen können, warum sie im Alltag von dieser EU profitieren, sollte eine Obergrenze bekommen. Das war anders versprochen.

Nun kommt es anders, nur leider nicht viel besser. Junckers neuer Plan sieht vor, dass es zwar keine Obergrenze gibt, dafür eine Art Roaming-Polizei. Die Konzerne dürfen, sollten sie einen Missbrauch feststellen, höhere Gebühren berechnen. Die Frage ist nur: Was ist Missbrauch, wo fängt er an, und wer muss ihn beweisen? Mal ganz davon abgesehen sind die Kontrollen ein bürokratischer Aufwand, der hoffentlich nicht an die Datenschutz-Grundsätze rührt. Am Ende werden Gerichte darüber zu urteilen haben.

Junckers Entscheidung ist politisch nachvollziehbar, praktisch ist sie aber unausgegoren. So gut es auch ist, öffentliche Stimmungen wahrzunehmen, so wenig sollte man sich davon treiben lassen. Schon gar nicht überhastet.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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