EU:Klitschko will ukrainische Opposition für Misstrauensvotum einen

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Kiew/Berlin (dpa) - Getragen von anhaltenden Massenprotesten will die Opposition in der Ukraine mit einem Misstrauensvotum die pro-russische Regierung stürzen. Vor der Parlamentsabstimmung am Dienstag rief der Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko zu einem Machtwechsel auf.

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Kiew/Berlin (dpa) - Getragen von anhaltenden Massenprotesten will die Opposition in der Ukraine mit einem Misstrauensvotum die pro-russische Regierung stürzen. Vor der Parlamentsabstimmung am Dienstag rief der Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko zu einem Machtwechsel auf.

Zehntausende Anhänger der westlich orientierten Bewegung erhöhten mit Straßenblockaden in Kiew den Druck auf die Führung um Präsident Viktor Janukowitsch.

„Wir wollen nicht nur irgendwelche Minister auswechseln, sondern das politische System ändern“, sagte Klitschko am Montag. Besonders Regierungschef Nikolai Asarow steht in der Kritik. Dem Vertrauten von Präsident Janukowitsch droht am Dienstag bei der Vertrauensabstimmung im Parlament der Ex-Sowjetrepublik die Abwahl. Derzeit sind die Machtverhältnisse im Parlament unklar. Die Opposition war bislang zersplittert. Entscheidend dürfte sein, wie die als regierungsnah geltende Fraktion der Kommunisten abstimmt.

Bei einem Treffen mit westlichen Diplomaten in Kiew forderte Asarow die EU und die USA auf, die Stimmung nicht weiter anzuheizen. „Die Aktionen sind unkontrollierbar geworden - oder genauer: gewisse politische Kräfte lenken sie“, sagte Asarow. Die Proteste trügen mittlerweile das „Merkmal eines Staatsstreichs“. „Das ist eine sehr ernste Sache. Aber wir sind geduldig“, sagte Asarow.

Angesichts der Proteste rief UN-Generalsekretär Ban Ki Moon alle Beteiligten zu einem friedlichen Dialog auf, wie er einer von den Vereinten Nationen in New York verbreiteten Mitteilung zufolge sagte. Auch Kremlchef Wladimir Putin äußerte die Hoffnung, dass sich die Lage in dem Nachbarland bald stabilisiere. Die Proteste und Krawalle in der Ex-Sowjetrepublik seien aber keine Revolution oder Reaktion auf die Abkehr der Führung in Kiew von dem EU-Kurs. Die Straßenaktionen deuteten vielmehr auf Machtkämpfe vor der Präsidentenwahl 2015 hin.

Tausende Demonstranten blockierten das Regierungsviertel in Kiew mit Autos und Barrikaden und legten den Verkehr im Zentrum der Millionenmetropole lahm. Hunderte Oppositionsanhänger hielten weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus besetzt. Janukowitsch habe durch den brutalen Einsatz seiner Sondertruppen gegen Demonstranten den letzten Rückhalt in der Bevölkerung verloren, rief Ex-Innenminister Juri Luzenko auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) der Menge zu. Auch in weiteren Städten des Landes forderte die Opposition den Rücktritt der Führung, unter anderem wegen deren Abkehr von der EU zugunsten einer Annäherung an Russland.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte die Führung in Kiew vor Gewalt gegen friedliche Demonstranten. Sie forderte Janukowitsch auf, „alles zu tun, um die freie Meinungsäußerung und das Recht auf friedliche Demonstrationen stets zu schützen“. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, eine „sehr klare Botschaft“ gehe von den Pro-Europa-Kundgebungen aus. Deutschland sei weiter bereit, das von der Ukraine auf Eis gelegte Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erhielt von Janukowitsch nach eigenen Angaben Zusicherungen, um die Krise in der Ukraine zu entspannen. Der Staatschef habe am Telefon unter anderem versichert, dass die Gewaltanwendung der ukrainischen Polizei während der Massenproteste untersucht werden solle. Das Resultat werde öffentlich gemacht, berichtete die EU-Kommission in Brüssel.

Hunderttausende Menschen hatten am Sonntag in Kiew den Rücktritt von Asarow und Janukowitsch sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert. Am Rande der Kundgebung war es zu Zusammenstößen von Randalierern mit der Polizei gekommen. Mindestens 260 Menschen wurden auf beiden Seiten verletzt. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ kritisierte, dass rund 40 Journalisten zu Schaden gekommen seien. Die Polizei nahm mindestens neun Menschen fest.

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