EU:Analyse: Griechenland belastet Gipfel

Lesezeit: 2 min

Brüssel/Athen (dpa) - EU-Gipfelchef Donald Tusk empfängt nacheinander die Staatspräsidenten Perus und Haitis, Ollanta Humala und Michel Martelly. In Brüssel beginnt der Gipfel mit den Ländern Lateinamerikas - es geht um Wirtschaft, Handel, Klimaschutz und Entwicklungshilfe.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Brüssel/Athen (dpa) - EU-Gipfelchef Donald Tusk empfängt nacheinander die Staatspräsidenten Perus und Haitis, Ollanta Humala und Michel Martelly. In Brüssel beginnt der Gipfel mit den Ländern Lateinamerikas - es geht um Wirtschaft, Handel, Klimaschutz und Entwicklungshilfe.

Dann ist bei Tusk der linksgerichtete griechische Regierungschef Alexis Tsipras an der Reihe. Um Lateinamerika geht es bei der Begegnung ganz sicher nicht. Der Pole Tusk versucht schon seit längerem, die gefährliche Griechenlandkrise zu entschärfen. Bisher ohne Erfolg.

Am vergangenen Wochenende belastete das griechische Schuldendrama das G7-Spitzentreffen in Oberbayern. Nun gibt es wieder einen Gipfel, auf dem über die zugespitzte Lage in dem pleitebedrohten Land im Südosten des Kontinents gesprochen wird. Auf der Tagesordnung steht die Krise aber nicht. Über 40 Staats- und Regierungschefs drängeln sich in den endlosen Gängen des unwirtlichen EU-Ministerratsgebäudes im Europaviertel.

Die Stimmung ist angespannt. Aber es gibt Hoffnungsschimmer. Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der sich als Vermittler zwischen Geldgebern und Athen sieht, hatte sich noch bei den G7 sehr verärgert über Tsipras gezeigt. Nun begrüßt der EU-Veteran den 20 Jahre jüngeren Chef der Links-Rechts-Regierung in Athen mit einem Küsschen. Ein Zweier-Treffen am Rande des Gipfels folgt, Diplomaten sprechen von einer Versöhnung.

„Der Ball ist ganz klar im Feld der griechischen Regierung“, meint Junckers Sprecher Margaritis Schinas. Das Problem: Sowohl Geldgeber als auch Athen legten Reformpapiere vor - diese müssen angeglichen werden.

Und dabei hakt es gewaltig. Ohne einen Reformdeal können dringend benötigte Milliardenhilfen nicht fließen. Umstritten sind insbesondere Reformen bei den Renten oder der Mehrwertsteuer. Bewegung gibt es hingegen dem Vernehmen nach beim sogenannten Primärüberschuss, bei dem Zinszahlungen ausgeblendet werden. Tsipras soll sich mit der von den Geldgebern gesetzten Marke von einem Prozent abgefunden haben.

Und dann sind da noch Angela Merkel und François Hollande. Die Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident schalteten sich persönlich in das griechische Schuldendrama ein, da Verhandlungen zwischen Geldgebern und Athen über das Reformpaket nicht von der Stelle kamen.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,“ lautet das Credo der Kanzlerin. „Wir wollen Griechenland im Euroraum halten.“ Hollande fügt hinzu: „Man muss schnell vorankommen.“ Und Luxemburgs Premier Xavier Bettel versucht es mit einem Scherz: Er hoffe, Tsipras bald mit einer Krawatte im Kreis der Mächtigen zu sehen: „Das wäre ein Beweis, dass alles klappt (....)“. Bisher taucht der Grieche mit offenem Hemdkragen in Europas Hauptstadt auf.

Jeder Tag zählt, warnt Merkel. Mit Hollande wollte sie am Abend am Rande des Gipfels mit Tsipras zusammenkommen. Der Grieche geht bei dem Spitzentreffen auf andere Partner zu, lacht. Zuhause aber wird kritisiert, er habe schon zu lange und stümperhaft um frisches Geld verhandelt und stehe nun so da, wie ihn die Geldgeber haben wollten: Ohne Geld und ohne Zeit.

Die Zeichen stünden „auf Rot“, titelt die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“. In Athen machen Gerüchte die Runde, wonach der Staat Kontrollen des Kapitalverkehrs anordnen könnte, um den Abfluss von Geldern einzudämmen.

Tsipras steht nicht nur in Brüssel enorm unter Druck, sondern auch in seiner eigenen Partei. Falls es mit den Geldgebern eine Abmachung über Reformen geben sollte, müsste er den linken Flügel seiner Syriza-Partei überzeugen. Griechische Medien erwarten, dass bis zu ein Drittel der Syriza-Angeordneten - insgesamt sind es 149 - potenzielle Rebellen sein könnten. Der Linksflügel liebäugelt mit einem Zusammenbruch und einem Austritt aus der Eurozone.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: