Merkel stellt sich hinter Maas
Der Druck auf den Generalbundesanwalt wächst: In der Debatte um Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Journalisten von Netzpolitik.org hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter Justizminister Heiko Maas (SPD) gestellt. Maas habe die volle Unterstützung der Kanzlerin, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Der Justizminister hatte am Freitag die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft wegen Landesverrats infrage gestellt. Das Kanzleramt habe erst durch die Medien von dem Vorgang erfahren.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ließ ebenfalls mitteilen, er halte wie Maas den Vorwurf des Landesverrats für fragwürdig. Das Innenministerium teile die Zweifel des Justizministers, "ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen", sagte ein Sprecher de Maizières.
Zudem sagte der Sprecher, der Text der durch den Vefassungsschutz erstatteten Anzeige sei dem Ministerium vorab nicht bekannt gewesen.
Maas warnte Bundesanwaltschaft früh
Das Bundesjustizministerium hatte den Generalbundesanwalt nach eigenen Angaben frühzeitig davor gewarnt, gegen zwei Journalisten des Internet-Blogs Netzpolitik.org wegen Landesverrats zu ermitteln. Generalbundesanwalt Harald Range und seinen Mitarbeitern sei signalisiert worden, dass man das Verfahren für falsch halte, heißt es aus dem Ministerium von Heiko Maas. Auch andere Ministerien sollen frühzeitig über Einzelheiten des Verfahrens informiert gewesen sein.
Exklusiv Ermittlungen gegen Journalisten:Maas warnte Bundesanwaltschaft schon früh
Justizminister Maas hält nichts von den Ermittlungen gegen Netzpolitik.org. Er will das Verfahren rasch beenden.
Bei der Bundesanwaltschaft kann man sich hingegen nicht an eine deutliche Warnung aus dem Justizministerium erinnern.
Linke fordern Merkel zum Eingreifen auf
Die Linke fordert nun ein Machtwort von Merkel. Es handle sich um einen politischen und juristischen Skandal, den die Kanzlerin unverzüglich beenden müsse, sagte der Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn in Berlin. Es reiche nicht aus, wenn sich Merkel hinter den Justizminister stelle. Dem SPD-Politiker warf Höhn "wachsweiches Distanzieren und Herumlavieren" vor
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, auf dessen Anzeigen die Ermittlungen zurückgehen, und Generalbundesanwalt Harald Range seien nicht mehr tragbar. Range müsse schnellstmöglich in den Ruhestand versetzt werden, und auch Maaßen habe sich hinreichend diskreditiert, hieß es aus der Partei.
Ermittlungen ruhen
Netzpolitik.org hatte über Pläne des Verfassungsschutzes berichtet, Online-Netzwerke stärker zu überwachen. Dazu stellten die Blogger vertrauliche Unterlagen ins Netz. Verfassungsschutzpräsident Maaßen erstattete daraufhin Anzeige, Generalbundesanwalt Range leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen Netzpolitik.org ein. Die Bundesanwaltschaft lässt die Ermittlungen wegen Landesverrats gegen die Verantwortlichen inzwischen ruhen. Dass sie überhaupt aufgenommen wurden, hatte Rücktrittsforderungen gegen Behördenchef Range ausgelöst.
Netzpolitik.org:Wie es zu den Ermittlungen gegen die Blogger kam
Generalbundesanwalt Range soll eindringlich vor einem Verfahren gegen Netzpolitik.org gewarnt worden sein. Er zögerte lange und ermittelte dann doch. Warum?
Homepage von Generalbundesanwalt Range gehackt
Unterdessen ist die Internetseite des Generalbundesanwalts von bislang unbekannten Hackern angegriffen worden. "Unsere Homepage ist gehackt worden", sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler, der Nachrichtenagentur Reuters. Der Angriff sei am Freitag bemerkt worden. Zwischenzeitlich waren auf der Homepage Generalbundesanwalt.de keine Pressemitteilungen mehr auffindbar. Dort hieß es unter dem Button "Aktuelles" nun lediglich: "Datenbank existiert nicht."
Über den Umfang des Hackerangriffs und mögliche Täter konnte die Sprecherin der Behörde noch keine Angaben machen. Ob der Angriff eine Reaktion auf die Ermittlungen von Generalbundesanwalt Harald Range gegen Journalisten des Blogs Netzpolitik.org wegen Landesverrats sein könnte, ist offen.