Türkei:Erdoğan weist Kritik an Kavala-Urteil scharf zurück

"Einige Kreise" mögen sich an dem Urteil gegen den "türkischen Soros" stören: Präsident Erdoğan verteidigt die umstrittene Gerichtsentscheidung gegen Kavala. (Archivbild) (Foto: VALENTYN OGIRENKO/REUTERS)

"Nichts für ungut, in diesem Land existieren Recht und Gesetz": Der türkische Präsident verteidigt die Entscheidung des Istanbuler Gerichts, das den Kulturmäzen zu lebenslanger Haft verurteilt hatte.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat internationale Kritik an der Verurteilung des Kulturförderers Osman Kavala scharf zurückgewiesen. Die türkische Justiz habe die finale Entscheidung bezüglich einer Person getroffen, woran sich "einige Kreise" störten, sagte Erdoğan in Istanbul, ohne Kavala dabei beim Namen zu nennen. "Nichts für ungut, in diesem Land existieren Recht und Gesetz", sagte er.

Kavala war am Montag im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sieben weitere Personen, darunter die bekannte Architektin Mücella Yapici und der Anwalt Can Atalay, erhielten 18 Jahre wegen Beihilfe.

Erdoğan bezeichnete Kavala erneut als "türkischen Soros". Schon in der Vergangenheit hatte der Präsident Kavala unterstellt, mit Hilfe des US-Investors und Philanthropen George Soros die Gezi-Proteste finanziert zu haben. Erdoğan wertet die regierungskritischen Demonstrationen im Jahr 2013 als ausländische Verschwörung. Auslöser der weitestgehend friedlichen Proteste war damals ein Bauprojekt im Zentrum Istanbuls. Die Aktion weitete sich zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten Erdoğan aus. Der ließ die Proteste brutal niederschlagen.

Nach dem Urteil gingen am Dienstag Demonstranten in Istanbul auf die Straße. (Foto: YASIN AKGUL/AFP)

Mit der Entscheidung zu den "Gezi-Aktionen" habe die türkische Justiz auch solchen mit "ähnlichen Absichten" eine Lektion in Recht und Gerechtigkeit erteilt, sagte Erdoğan nun.

Das Urteil hatte international scharfe Kritik hervorgerufen. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete es als "verheerendes Signal für die türkische Zivilgesellschaft". Auch die Vereinigten Staaten zeigten sich zutiefst beunruhigt und bezeichneten die Verurteilung Kavalas als "unvereinbar mit der Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit." "Wir fordern die Türkei erneut auf, Osman Kavala freizulassen", hatte das das US-Außenministerium mitgeteilt.

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