Erdbeben in Italien:"Es ist eine Tragödie hier"

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Italien trauert um Dutzende Tote. Mehrere Orte der bergigen Region in der Mitte des Landes liegen in Trümmern, Tausende Menschen sind obdachlos.

Von Andrea Bachstein, München

Bei dem schweren Erdbeben im Zentrum Italiens sind in der Nacht zum Mittwoch mindestens 120 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte Premierminister Matteo Renzi mit, der am Mittwoch ins Katastrophengebiet fuhr. Infrastrukturminister Graziano Delrio sagte, die Zahl der Opfer "steigt stündlich", es galten am Mittwochabend noch etwa 100 Menschen als vermisst. Im Gebiet der Regionen Latium, Marken, Umbrien und Abruzzen bebte die Erde mit einer Stärke von 6,0, mehrere Orte wurden fast völlig zerstört. Nach Angaben Renzis gab es rund 368 Verletzte, mindestens 1500 Menschen verloren ihre Wohnungen. Das Gebiet ist auch eine beliebte Urlaubsregion, vor allem für Römer. Um 3.36 Uhr riss das Beben die Menschen aus dem Schlaf und machte um das Epizentrum bei Accumoli in der Provinz Rieti einige Orte dem Erdboden gleich. Am schlimmsten getroffen waren neben Accumoli und Amatrice in Latium die Orte Pescara del Tronto und Arquata del Tronto der Provinz Ascoli Piceno in den Marken. In diesen Orten gab es laut Zivilschutz die meisten Todesopfer. "Das Dorf gibt es nicht mehr", berichtete Sergio Pirozzi, der Bürgermeister von Amatrice. 64 Tote zählte die Gemeinde bis zum Mittwochabend und Dutzende Vermisste. Pirozzi zufolge könnten in einem Hotel des Orts bis zu 70 Gäste verschüttet worden sein. Accumolis Bürgermeister Stefano Petrucci sagte: "Es ist eine Tragödie hier." Das Dorf sei zu einem erheblichen Teil zerstört. Italienischen Seismologen teilten mit, dass der stärkste, verheerende Erdstoß 142 Sekunden dauerte, das Epizentrum lag in fünf bis sieben Kilometern Tiefe.

In den Stunden danach spielten sich erschütternde Szenen ab, so berichtete ein Fotograf aus Accumoli, dass Menschen in der Nacht mit bloßen Händen eine verschüttete Familie auszugraben versuchten, deren Schreie aus den Trümmern drangen. Sie konnte nur tot geborgen werden.

Auch im 150 Kilometer entfernten Rom waren die Erschütterungen deutlich zu spüren. Viele Römer wurden aus dem Schlaf gerissen. Es folgten bis Mittwochabend mehr als 300 Nachbeben bis zur Stärke 5,4.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Tausende Rettungskräfte, darunter Soldaten mit Spezialgerät, sind im Einsatz, für die obdachlos Gewordenen wurden Zelte aufgebaut. Die Einschätzung des Schadensausmaßes gestaltete sich zunächst schwierig, Teile der betroffenen Bergregion waren von der Außenwelt abgeschnitten. Amatrices Bürgermeister Pirozzi sagte, die Zufahrt zum Ort sei versperrt. "Auf der einen Seite gibt es einen Erdrutsch auf der Straße, auf der anderen Seite steht die Brücke kurz vor dem Einsturz." Die Zerstörungen seien schlimmer als 2009 beim Beben von L'Aquila mit etwa 300 Toten, sagte ein Zivilschutzverantwortliche der Repubblica.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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