Wohnungsnot:Berliner SPD will Immobilienkonzerne nicht enteignen

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Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin und Parteichef ist gegen Enteignungen. (Foto: dpa)
  • Die SPD in Berlin möchte keine größeren Wohnkonzerne enteignen, um die Wohnungsnot zu bekämpfen.
  • Auf einem Parteitag stellten sich die Genossen gegen ihre Koalitionspartner Grüne und Linke.
  • Die SPD setze weiter auf "Bauen, Kaufen, Deckeln" im Kampf gegen steigende Mieten, sagte Partei- und Regierungschef Michael Müller.

Die Berliner SPD will die Bestrebungen einer Mieterinitiative, Immobilienkonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen zu enteignen, nicht unterstützen. Bei einem Landesparteitag stimmte eine Mehrheit der Delegierten für einen Antrag, in dem das Mittel der Vergesellschaftung als "gegenwärtig nicht zielführend" bezeichnet wird. Die SPD positioniert sich damit gegen ihre Koalitionspartner Linke und Grüne, die sich schon vor Monaten hinter das Anliegen der Initiative stellten.

Beim Thema hielt sich in der ausgiebigen Diskussion die Zahl der Befürworter und Gegner die Waage. Partei- und Regierungschef Michael Müller wandte sich gegen das Instrument der sogenannten Vergesellschaftung, das im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen, aber noch nie angewandt wurde. Die SPD müsse bei ihrer "verantwortungsvollen Position" gegen Wohnungsmangel und steigende Mieten bleiben. Und die laute "Bauen, Kaufen, Deckeln": Es sei richtig, auf mehr Neubau, den Ankauf von Wohnungsbeständen und den Mietendeckel zu setzen, der die Mieten in Berlin fünf Jahre einfrieren soll. Schließlich stimmten 137 Delegierte (57,6 Prozent) dem Antrag zu, bei 97 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen.

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An diesem Dienstag soll der Entwurf zum Mietendeckel im Berliner Senat beschlossen werden. Demnach sollen die Mieten rückwirkend für fünf Jahre eingefroren werden.

Hintergrund der Diskussion ist der starke Anstieg der Mieten in Berlin in den letzten Jahren. Der Wirkungsbereich des Vorhabens sei allerdings auf etwa 240 000 Wohnungen begrenzt und die Höhe der nötigen Entschädigungen für die Immobilienunternehmen ungewiss, heißt es in dem Parteitagsbeschluss. Die Enteignung treffe außerdem auch Vermieter, die sich sozial verhielten. Wegen umstrittener Rechtsfragen drohten langjährige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit ungewissem Ausgang.

Die Enteignungsinitiative hatte mehr als 70 000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen gesammelt, mindestens 20 000 sind dazu nötig. Seit Anfang Juli prüft die Senatsverwaltung für Inneres, ob das Ansinnen rechtskonform ist. Wird das bejaht, würden weitere Schritte folgen, die am Ende in einen Volksentscheid münden könnten. Die Initiative bedauerte den SPD-Beschluss und erklärte, dann müsse eben nun die Bevölkerung entscheiden.

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Außerdem stimmte der Parteitag mit knapper Mehrheit der Rückkehr zur Lehrerverbeamtung zu: 122 Delegierte (53,7 Prozent) votierten dafür bei 100 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen. Damit setzten sich die Befürworter um Müller, Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Fraktionschef Raed Saleh durch. Das Thema war bis zuletzt umstritten, die Umsetzung bleibt fraglich. Die Koalitionspartner Linke und Grüne hatten schon vor dem Parteitag deutlich gemacht, dass sie weiter dagegen sind. In Berlin gibt es seit 15 Jahren keine Verbeamtung von Lehrern mehr - anders als in allen anderen Bundesländern.

Mit breiter Mehrheit beschloss der Parteitag zudem eine Satzungsänderung, die der Berliner SPD eine Doppelspitze ermöglicht. In Zukunft sollen Parteitagsdelegierte vor Vorstandswahlen entscheiden können, ob sie ein Duo an der Spitze wollen oder einen Vorsitzenden. Wenn eine Doppelspitze gewählt wird, muss sie laut den neuen Statuten aus einem Mann und einer Frau bestehen. Eine Rolle spielt die neue Regelung erstmals bei der Wahl der neuen Parteiführung im kommenden Frühjahr.

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