Elfenbeinküste:Die letzte Schlacht

Höhepunkt eines blutigen Machtkampfes: Die Truppen des international anerkannten Präsidenten Ouattara belagern die Wirtschaftsmetropole Abidjan. Jetzt greifen französische Soldaten in den Konflikt ein.

Tim Neshitov

Der Machtkampf in der krisengeschüttelten Elfenbeinküste ist am Donnerstag in die entscheidende Phase getreten: Truppen des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara belagerten die Hafenstadt Abidjan, das politische und wirtschaftliche Zentrum des westafrikanischen Landes. Abidjan ist zudem die wichtigste Hochburg von Ouattaras Rivalen Laurent Gbagbo. Der Regierungssitz wurde aus mehreren Richtungen angegriffen. Auch die im Land stationierten französischen Soldaten der Mission Licorne sind am Donnerstag Berichten zufolge in einem Viertel von Abidjan aufmarschiert, in dem es Plünderungen gegeben hatte.

Ouattara rief in einer von Radio und Fernsehen übertragenen Ansprache die Soldaten Gbagbos auf, "sich in den Dienst des Landes zu stellen und wieder in die Legalität zurückzukehren". Gbagbos langjähriger Berater Toussaint Alain kündigte einen langen Kampf an. Gbagbo werde "an der Macht bleiben und den Widerstand gegen diesen von Frankreich, den USA und den UN organisierten Angriff führen."

Spekulationen, Gbagbo habe sich am Donnerstag auf den Weg nach Südafrika gemacht, dementierte einer seiner Sprecher. Zuvor war Gbagbos Armeechef nach Südafrika geflüchtet. General Phillippe Mangou habe in der Nacht zum Donnerstag gemeinsam mit seiner Frau und fünf Kindern Zuflucht in der Residenz der Botschafterin Zodwa Lallie gesucht, bestätigte das südafrikanische Außenministerium. Die Regierung Südafrikas hat in den vergangenen Monaten Gbagbo im Machtkampf gegen Ouattara unterstützt.

Nach eigenen Angaben haben die Einheiten Ouattaras, die sich "die republikanischen Kräfte" nennen, am Donnerstag einen Stadtteil im Norden von Abidjan erobert. Dort sei ein Gefängnis angegriffen und die Insassen befreit worden. Davor sei bereits Gagnoa, der Geburtsort Gbagbos nordwestlich von Abidjan, eingenommen worden. Die Rebellen hätten in Gbagbos Haus geschlafen, sagte ein Berater Ouattaras.

In den vergangenen Tagen hatten Ouattara-loyale Kämpfer, mehrere strategisch wichtige Städte erobert, darunter die Hauptstadt Yamoussoukro und den Hafen San-Pédro, eine Drehscheibe des Kakao-Handels. Die Elfenbeinküste ist der weltgrößte Kakao-Hersteller. Bei ihrem tagelangen Vormarsch auf Abidjan waren die Ouattara-Einheiten offenbar auf wenig Gegenwehr gestoßen.

Am Mittwochabend hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Resolution Laurent Gbagbo aufgefordert, "unverzüglich" sein Amt aufzugeben. Der Sicherheitsrat verhänge zudem Sanktionen gegen Gbagbo, seine Frau Simone und seinen engsten Umkreis. Er sprach Reiseverbote aus, zudem sollen die Auslandskonten eingefroren werden. Die Resolution sei "ein starkes Signal an Gbagbo und seine Helfer, dass ihre Zeit vorbei ist", sagte der deutsche Vizebotschafter Miguel Berger im UN-Sicherheitsrat. "Die Elfenbeinküste steht am Rande eines Bürgerkrieges."

Die Resolution 1975 ermächtigt die 10000 im Land stationierten UN-Soldaten, "alle notwendigen Maßnahmen" zu ergreifen, um die Bevölkerung zu schützen. Nach UN-Schätzungen sind seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen November bereits mehr als 460 Menschen getötet worden, eine Million sind auf der Flucht. Am Donnerstag, blieb es zunächst unklar, ob und wie die UN-Mission Onuci militärisch in das Geschehen eingreift. "Gbagbo muss gehen", sagte der französische UN-Botschafter Gérard Araud. "Das ist der einzige Weg, einen kompletten Bürgerkrieg und blutige Gewalt in den Straßen von Abidjan zu verhindern."

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