Drohender Militärschlag:Syriens Regierung fordert Beistand der UN

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Syrische Flüchtlinge an der türkischen Grenze: Laut UNHCR sind sieben Millionen Syrer auf der Flucht, davon fünf Millionen innerhalb des Landes. (Foto: AFP)

Ein Vertreter des Assad-Regimes fordert die UN dazu auf, sich für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts einzusetzen und beteuert abermals, kein Giftgas gegen die Rebellen eingesetzt zu haben. Die deutsche Regierung lässt offen, ob sie ein Eingreifen des US-Militärs auch ohne UN-Mandat unterstützen würde.

Die syrische Regierung hat die Vereinten Nationen aufgefordert, das Land vor einem möglichen Militärschlag durch die USA zu schützen. Der syrische Botschafter in New York, Baschar al-Dschaafari, schrieb in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, dieser trage die Verantwortung dafür, dass Syrien nicht angegriffen werde, und dass mehr Anstrengungen für eine politische Lösung des Konflikts unternommen würden.

Er wiederholte auch, dass die syrische Führung im Kampf gegen die Rebellen kein Giftgas eingesetzt habe. Entsprechende Behauptungen von US-Außenminister John Kerry stützten sich auf "alte, von Terroristen fabrizierte Geschichten". Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete am Montag, einen identischen Brief habe auch die amtierende Präsidentin des Weltsicherheitsrates, Maria Cristina Perceval, erhalten.

Deutschland lässt Entscheidung offen

Die deutsche Bundesregierung lässt derweil offen, ob sie ein militärisches Eingreifen der USA in Syrien auch ohne UN-Mandat unterstützen würde. Regierungssprecher Steffen Seibert schloss eine deutsche Beteiligung zwar erneut aus, wollte sich aber nicht auf eine abschließende Haltung zu einem Militärschlag festlegen. Mit Blick auf die Äußerung von US-Präsident Barack Obama, dass er zu einem Militärschlag entschlossen sei, zuvor aber den US-Kongress um Zustimmung bitten wolle, sagte Seibert lediglich: "Dadurch entsteht Zeit. Diese Zeit sollte genutzt werden, die internationale Gemeinschaft zu einer gemeinsamen Haltung gegen das Regime in Syrien zu bringen."

Chronologie der Ereignisse in Syrien
:Wie sich Assad an der Macht hält

Mit Hoffnung auf Reformen begannen nach den Umwälzungen in Tunesien und Ägypten im Jahr 2011 die Proteste in Syrien. Doch der Konflikt zwischen Oppositionellen und Präsident Assad ist zum Bürgerkrieg geworden. Gekämpft wird auch mit Giftgas. Die Vernichtung seiner Chemiewaffen könnte Assad vor einem Militärschlag der USA bewahren. Die Eckpunkte des Konflikts im Überblick.

Deutschlands Rolle sei es jetzt, zwischen Befürwortern und Gegnern eines Militärschlags wie Russland zu vermitteln. Seibert wies den Vorwurf zurück, die Bundesregierung taktiere mit Rücksicht auf den Wahlkampf. "Wenn etwas nicht zu ignorieren ist, dann ist es die Rechtslage." Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück hatten am Sonntagabend im TV-Duell eine militärische Beteiligung Deutschlands ausgeschlossen.

Syrische Hacker greifen Seite der US-Marines an

Syrische Hacker haben in der Nacht zum Montag die Rekrutierungs-Webseite der US-Marines angegriffen. Die Unterstützer von Präsident Baschar al-Assad riefen dazu auf, sich einem möglichen Angriffsbefehl von US-Präsident Barack Obama gegen Syrien zu widersetzen. "Obama ist ein Verräter, der eure Leben in Gefahr bringen will, um Al-Kaida-Kämpfer zu unterstützen", erklärte die "Elektronische Armee Syriens" auf der Website, die kurz nach dem Angriff bereits aus dem Netz genommen war. Die Hacker luden die Marines ein, stattdessen an der Seite Assads zu kämpfen. Die "Elektronische Armee Syriens" hatte in den vergangenen Wochen unter anderem bereits die New York Times sowie den Kurznachrichtendienst Twitter gehackt.

Im Bürgerkrieg in Syrien sind bereits etwa 110.000 Menschen getötet und Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden: Nach Informationen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind derzeit sieben Millionen Syrer auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg. Wie die Nachrichtenagentur AP meldet, ist dies etwa ein Drittel der syrischen Gesamtbevölkerung.

Der syrische Sprecher der Organisation, Tarik Kurdi, sagte demnach, dass von allen Flüchtlingen sich etwa fünf Millionen Menschen innerhalb Syriens befänden. Zwei Millionen Menschen seien in Nachbarländer geflohen. Den Angaben zufolge sind zwei Millionen syrische Kinder auf der Flucht und damit direkt vom Krieg betroffen.

Kurdi bezeichnete die Hilfe der UN als einen "Tropfen Hoffnung in einem Meer von Elend" und wies darauf hin, dass noch immer viele finanzielle Mittel fehlten. Internationale Spenden hätten bisher nur ein Drittel des Geldes geliefert, das benötigt wird, um den Kriegsflüchtlingen zu helfen.

Die meisten Flüchtlinge kamen in den benachbarten arabischen Staaten sowie in der Türkei unter, aber einige erreichen auch Europa. Für viele ist das Verlassen ihres Landes die einzige Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit.

Am Sonntag ist erneut ein Schiff mit 175 syrischen Flüchtlingen - darunter 50 Kinder, auf Sizilien angekommen. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa spielte sich bei der Ankunft des Boots in der Hafenstadt Syrakus eine bewegende Szene ab: Ein junger Syrer sank vor einem aus dem Boot gestiegenen alten Mann auf den Boden und küsste dessen Hände. Der Polizei erzählte er, dass er eigens aus Schweden angereist sei, um seinen Großvater abzuholen.

© Süddeutsche.de/AFP/kjan/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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