Donald Trump:Unrecht

Das Gesetz steht über dem Präsidenten. Weil er diesen Grundsatz achtete, muss Justizminister Jeff Sessions nun gehen.

Von Stefan Kornelius

Der sperrige deutsche Begriff Rechtsstaatsprinzip heißt auf Englisch rule of law, was den Sachverhalt packender beschreibt: Es regiert das Gesetz und nichts anderes. Kein Parlament, kein Präsident, kein Bürger steht über dem Gesetz. Umgekehrt ist es richtig: Das Gesetz steht über allen. Der nun aus dem Amt getriebene US-Justizminister Jeff Sessions schrieb in seinem Rücktrittsbrief, dass es die wichtigste Tat seiner Amtszeit gewesen sei, die Herrschaft des Gesetzes aufrechterhalten zu haben. Man muss diesen Satz als Warnung verstehen: Sehr geehrter Herr Präsident, es besteht Gefahr im Verzug. Sie wollen doch nicht etwa das Rechtsstaatsprinzip brechen?

Tatsächlich scheint Präsident Donald Trump mit Sessions' Nachfolger Einfluss auf die gegen ihn laufenden Ermittlungen nehmen zu wollen. Noch hat er es nicht getan, aber der erzwungene Rücktritt und die vielfach dokumentierten Ausfälle Trumps gegen diese Ermittlungen geben zu den schlimmsten Befürchtungen Anlass. Richtig wäre es, wenn sich der präsumtive nächste Justizminister genauso wie sein Vorgänger für befangen erklärte und die Aufsicht über die Ermittlungen abgäbe. Danach sieht es aber nicht aus. Trump könnte das rechtliche Äquivalent einer Nuklearbombe zünden: Er könnte nun den Rechtsstaat aushebeln und sich über das Gesetz stellen.

Die letzten Ergebnisse der Zwischenwahl waren noch nicht verkündet, da hat Trump die Politik seiner verbleibenden Amtszeit klargemacht: Nun geht es ans System.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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