Donald Trump:Allein mit sich im großen Haus

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Es hilft nicht viel, wenn Manager, Generäle, Partei­gänger und Gewerkschafter den Präsidenten nun demonstrativ sitzen lassen. Trump braucht Kontrolle.

Von Claus Hulverscheidt

Was für ein Desaster. Weil die Top-Manager des Landes gleich scharenweise von Bord sprangen wie Passagiere von einem sinkenden Schiff, hat Donald Trump seine beiden wichtigsten wirtschaftspolitischen Beiräte kurzerhand abgeschafft. Damit kam er der Selbstauflösung der Kommissionen nur um Minuten zuvor. Der Exodus der Vorstandsbosse ist die Quittung für Trumps bewusst doppeldeutige Haltung zu den Gewalttaten rechtsextremer Hassprediger in Charlottesville. Die Reaktion der Manager ist konsequent und unter moralischen Gesichtspunkten nur zu begrüßen.

Und doch ist die Massenflucht auch ein Zeichen der Hilflosigkeit. Was tun mit einem Präsidenten, der nicht nur irrlichtert, sondern dem es erkennbar am Willen und an der Fähigkeit zur moralischen Führung und gesellschaftlichen Einigung fehlt? Für den es keinen Unterschied macht, ob Menschen für oder gegen Rassismus demonstrieren, ob jemand einen Urinbeutel wirft oder seine politischen Gegner totfährt.

Es hilft wenig, wenn Berater den Präsidenten jetzt isolieren

Es ist ein Dilemma nicht nur für Manager, sondern für alle gesellschaftspolitischen Gruppen und Institutionen der USA, die im Normalfall in der Pflicht stehen, mit einem demokratisch gewählten Präsidenten irgendwie zusammenzuarbeiten. Für das Kabinett. Den Kongress. Die Parteien. Die Gewerkschaften. Die jüdische Gemeinde. Das Militär. In all diesen Gruppen gibt es bis heute Menschen, die hoffen, dass sie eines Morgens aufwachen und feststellen werden, dass alles nur ein böser Traum war. Dass Trump sich selbst zerstört oder abgesetzt wird. Doch auch wenn der Präsident in dieser Woche den letzten Rest an moralischer Autorität verspielt hat: Solche Hoffnungen sind wohl pure Illusion. Allein die republikanischen Kongressmitglieder hätten die Mittel, Trump zu stürzen. Doch ihre Angst vor der eigenen Basis und dem Untergang der Partei ist größer als die vor einem unfähigen, seinen Stimmungen vollständig ausgelieferten Präsidenten.

Trump wird demnach noch fast dreieinhalb Jahre im Amt sein. Mindestens. Was ist gewonnen, wenn er diese Zeit ohne externen Sachverstand bestreitet? Wenn die Praktiker von Bord gehen und das Feld den Ideologen überlassen? Stephen Bannon etwa, der den Welthandel als Verdrängungskampf von Nationen missversteht. Oder Peter Navarro, der dem Präsidenten einredet, es gebe ein Zurück in die vermeintlich so kuschelige Zeit vor der Globalisierung.

Vielleicht wäre es eindrucksvoller gewesen, wenn die Mitglieder der Wirtschaftsbeiräte Trumps Aussagen in einer klaren, einstimmigen Erklärung zurückgewiesen und ihre Abscheu beim nächsten Treffen auch persönlich vorgetragen hätten. Trump ist ja jemand, den starke Worte und ein überzeugender Auftritt durchaus beeindrucken. Stattdessen wird die Auflösung beider Gremien jetzt von Trumps Kritikern als Erfolg gefeiert - jene Kritiker, die noch zu Wochenbeginn die mit sich und ihrem Gewissen ringenden Manager als "Nazis" beschimpft und sich damit auch nicht gerade als Brückenbauer erwiesen hatten. Doch es gibt nichts zu feiern.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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