Der neue US-Präsident: Barack Obama im Amt:"Wir müssen Amerika erneuern"

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Der 44. US-Präsident ist vereidigt: Barack Obama ruft seine Nation auf, den "Staub abzuschütteln" und die ideologischen Kämpfe der Bush-Ära zu beenden.

Jörg Häntzschel

Amerika stehe vor ernsthaften Herausforderungen, sagte Obama nach der Vereidigung. Dann rief er seinen Landsleuten zu: "Aber, Amerika, du musst wissen: Sie werden bewältigt." Die USA blieben das wohlhabendste und mächtigste Land der Erde. Die Amerikaner sollten der kalten Gegenwart mit Hoffnung und Tugend entgegentreten und allen Stürmen standhalten, die noch vor ihnen lägen. "Wir haben die Hoffnung über die Furcht gestellt", sagte Obama.

Obama mit seiner Familie und Amtsvorgänger Bush bei der Vereidigung. (Foto: Foto: AFP)

Die vielfältige Herkunft der Amerikaner sei eine Stärke, keine Schwäche. "Wir sind eine Nation von Christen, Muslimen, Juden, Hindus und Atheisten. Jede Sprache und Kultur hat uns beeinflusst."

An die islamische Welt gerichtet, sagte der neue Präsident: "Wir wollen einen Neuanfang auf der Grundlage gemeinsamer Interessen und wechselseitigen Respekts."

Zu den Plänen eines Abzugs aus dem Irak sagte er: "Wir werden den Irak verantwortungsvoll den Irakern überlassen." Obama kündigte an, sich intensiv um einen Frieden in Afghanistan zu bemühen.

Gleichzeitig rief er die Nation zu einem Ende der ideologischen Kämpfe auf, die die achtjährige Amtszeit seines Vorgängers George W. Bush dominiert hatten: "Wir sind hier, um die kleinlichen Sorgen und die falschen Versprechen, die Anschuldigen und die abgenützten Dogmen zu beenden, die unsere Politik viel zu lange im Würgegriff hielten."

Obama zeichnete ein düsteres Bild vom Zustand seines Landes: "Unsere Nation ist im Krieg." Die Wirtschaft sei stark geschwächt. Obama erinnerte an die Heldentaten der Gründerväter und an die Tradition von Friedfertigkeit und internationaler Kooperation, für die Amerika stehe: "Unsere Macht allein kann uns nicht schützen, und sie gibt uns nicht das Recht, zu tun, was immer wir wollen."

Kurz vor der Rede hatte Obama vor einer schier unüberschaubaren Menschenmenge den Amtseid abgelegt. Nie zuvor hatten sich so viele Menschen in der Hauptstadt versammelt. In vielen anderen Städten der USA und weltweit verfolgten Hunderttausende Menschen an Großleinwänden und auf privaten Partys das historische Ereignis.

Mit der Vereidigung Obamas ging die achtjährige Präsidentschaft von George W. Bush zu Ende. Der Republikaner scheidet als einer der unpopulärsten Präsidenten der amerikanischen Geschichte aus dem Amt. Bush und seine Frau Laura verließen Washington nach der Zeremonie mit einem Helikopter.

Vor der Feier hatten sich die Ehepaare Bush und Obama zu einem Frühstück im Weißen Haus getroffen.

Die Amtseinführung begann mit einem Gebet des konservativen Pastors Rick Warren. Anschließend sang Aretha Franklin das patriotische Lied "My Country 'Tis of Thee", gefolgt von einem Kammermusik-Stück, bei dem der Cellist Yo-Yo-Ma und der Violinist Itzhak Perlman spielten. Nach einem Mittagessen wollten der Präsident, der Vizepräsident und ihre Familien in einer Parade vom Kapitol zum Weißen Haus fahren.

Die zahlreichen Besucher in Washington waren gekommen, um den 47-jährigen Präsidenten und das Ende der Bush-Jahre zu feiern, in denen vielen Amerikanern ihr Land fremd geworden war. Für die meisten Schwarzen stellt Obamas Wahl einen ungeahnten Triumph der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre dar. "Heute ist der wichtigste Tag meines Lebens", sagten viele Besucher.

Die Feiern standen unter dem Motto "Eine neue Geburt der Freiheit", einem Zitat aus der Gettysburg-Rede von Abraham Lincoln, dessen Geburtstag sich am 12. Februar zum 200. Mal jähren wird. Lincoln hatte in dieser Rede, während des Bürgerkriegs, seine Landsleute daran erinnert, dass sie nicht nur für die Einigkeit des Landes kämpften, sondern auch für eine "neue Geburt der Freiheit", die gleiche Rechte für alle Menschen bringen werde. Senatorin Dianne Feinstein, Vorsitzende des gemeinsamen

Kongressausschusses für die Amtseinführung, sagte, Lincolns Worte seien besonders passend, um den ersten afro-amerikanischen Präsidenten zu feiern.

Die Vereidigung stellte den Höhepunkt eines Marathons von Partys und Gottesdiensten dar, zu dem neben Hunderttausenden Bürgern ein Großteil des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Establishments Amerikas in die Hauptstadt gekommen war. Das Programm hatte am Sonntag mit einem Konzert begonnen und sollte in der Nacht zum Mittwoch mit zahlreichen Bällen zu Ende gehen.

© SZ vom 21.1.2009/ihe/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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