Präsentation:Datenschützer: Positive Bilanz

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Hessens oberster Datenschützer sieht keine schweren Vorstöße im Land, wohl aber einzelnes Fehlverhalten. Die Motive für das Missachten der Datenschutzregeln sind vielfältig: Kontrolle, Neugier - und sogar Liebeskummer.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel hat für das vergangene Jahr ein insgesamt positives Fazit gezogen. „Im Jahr 2022 waren in Hessen keine schwerwiegenden Verstöße festzustellen“, teilte der Juraprofessor am Dienstag in Wiesbaden mit. „Datenschutz wird in Wirtschaft und Verwaltung weitgehend akzeptiert.“ Es gab aber laut Roßnagels gut 350-seitigem Jahresbericht auch vereinzelte Verstöße gegen den Datenschutz - beispielsweise innerhalb der Polizei und bei einer Spedition.

Die Zahl der schriftlich zu bearbeitenden Verfahren der Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten in Wiesbaden sank von rund 8400 im Jahr 2021 auf etwa 6800 im Jahr 2022. Roßnagel sprach bei dieser Zahl immer noch von einem „sehr hohen Niveau“. Festgestelltes Fehlverhalten werde aber nach dem Eingreifen der hessischen Datenschutzaufsicht korrigiert.

Roßnagel sieht sich als Hüter des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Er überwacht etwa bei Behörden, Firmen und Vereinen, ob datenschutzrechtliche Regelungen beachtet werden. Kontrollen sind hier möglich. Aber auch jeder Bürger kann sich mit Fragen und Beschwerden an den Datenschutzbeauftragten wenden.

Laut seinem Tätigkeitsbericht gab es 2022 beispielsweise innerhalb der Polizei vereinzelt illegale Datenabfragen „aus Neugier, elterlicher Sorge oder Liebeskummer“. Dabei sei es etwa um Nachbarn, Chefs, Familienangehörige sowie Ex-Parterinnen und Ex-Partner gegangen. Bei einem Polizisten wurden laut Roßnagel in drei Jahren sogar mehrere hundert verbotene Abfragen von Datenbanken gezählt. Der Beamte habe dafür ein noch nicht rechtskräftiges Bußgeld von 7380 Euro kassiert. Insgesamt schloss der Datenschutzbeauftragte 2022 acht Verfahren innerhalb der Polizei mit einem Bußgeldverfahren ab.

In früheren Jahren hatte es Schlagzeilen gegeben, weil persönliche Daten mehrerer prominenter Frauen von Polizeirechnern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden waren. Ein Mann außerhalb der Polizei wurde wegen Drohschreiben an diese Frauen zu fast sechs Jahren Haft verurteilt. Seine Schreiben waren mit Blick auf die einstige rechtsextreme Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) mit „NSU 2.0“ unterzeichnet. Ungeklärt blieb, ob der Mann, der die Taten bestritt, Helfer in der Polizei hatte oder die Personalangaben etwa als angeblicher Polizist telefonisch abfragen konnte.

Auch eine Spedition beschäftigte 2022 den Datenschutzbeauftragten: Ihre Innenaufnahmen von Lkw-Fahrer-Kabinen mit sogenannten Dashcams verstießen ebenfalls gegen den Datenschutz. „Es ist keinesfalls zulässig, alle Beschäftigten unter Generalverdacht zu stellen und von vornherein präventiv zu überwachen“, betonte Roßnagel. Die Spedition habe mit der angestrebten Vermeidung selbstverschuldeter Unfälle und der Beweissicherung bei fremdverschuldeten Unfällen argumentiert.

Die Roßnagel bekannt gewordenen Fälle von Cyberkriminalität und von Angriffen auf IT-Systeme sanken von rund 2000 im Jahr 2021 auf etwa 1750 im Jahr 2022. Beispielsweise verschlüsseln Angreifer Daten von Unternehmen und Behörden und bieten die Entschlüsselung gegen viel Geld an. „Alternativ wird ein Teil der Daten im Darknet veröffentlicht oder mit der Veröffentlichung gedroht“, erklärte der Datenschutzbeauftragte. Seine Behörde informiere und berate bei digitaler Erpressung.

Im öffentlichen Bereich habe sie große Fortschritte erzielt: „Seit dem letzten Jahr haben die Schulen und Hochschulen Hessens datenschutzgerechte Videokonferenzsysteme eingesetzt.“ Auch die Landesverwaltung habe so ein System eingeführt. All dies werde von deutschen Anbietern bereitgestellt.

Roßnagel veröffentlichte zudem seinen Jahresbericht zur Informationsfreiheit in Hessen, also zum Recht der Bürger auf Zugang zu amtlichen Informationen. Hier sank die Zahl der Beschwerden und Beratungen von 123 im Jahr 2021 auf 110 im Jahr 2022.

© dpa-infocom, dpa:230417-99-348729/5

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