Corona-Pandemie:Auf hohem Plateau

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RKI-Chef Lothar Wieler und Gesundheitsminister Jens Spahn während der Pressekonferenz am Freitag. (Foto: Filip Singer/Getty Images)

Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Wieler warnen vor den Mutanten und mahnen, das Erreichte nicht zu verspielen.

Von Constanze von Bullion und Henrike Roßbach, Berlin

Trotz der beschlossenen Lockerungen für Schulen, Kitas und Friseure deutet sich an, dass diesen Schritten nicht zwangsläufig gleich die nächsten folgen werden. "Wir sehen sinkende Fallzahlen und eine stetig steigende Zahl an Impfungen", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Allerdings steige auch der Anteil "besorgniserregender Virusmutationen", und der Rückgang der Zahlen sei eher "eine Seitwärtsbewegung". Das Bedürfnis nach Ende des Lockdowns sei zwar spürbar. "Wir müssen aber vorsichtig sein und dürfen das Erreichte nicht verspielen."

Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, warnte: "Die bundesweiten Fallzahlen scheinen zu stagnieren, die Inzidenz geht nicht mehr zurück." Viele Bundesländer steuerten "auf ein Plateau zu, aber dieses Plateau ist nach wie vor zu hoch". Ob neue Virusmutanten, allen voran die zuerst in Großbritannien entdeckte Variante B 1.1.7., dabei schon eine Rolle spielten, wisse man noch nicht genau, so Wieler. "Aber wir wissen, dass die Variante sich ausbreitet und ihr Anteil rasant steigt." Sie sei "ansteckender und wahrscheinlich noch gefährlicher". "Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Bekämpfung der Pandemie schwieriger wird." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, alle wünschten sich Lockerungen. Sie dürften aber nicht dazu führen, dass die Neuinfektionen hochschnellten und Öffnungsschritte dann wieder rückgängig gemacht werden müssten.

Zuvor hatte das RKI 9113 neue Corona-Infektionen gemeldet, eine Woche zuvor waren es 9860 gewesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank zuletzt nur leicht von 57,1 am Donnerstag auf 56,8 am Freitag.

Sonderbeauftragter für Impfmittelproduktion

Mit Blick auf die stufenweise Öffnung von Schulen und Kitas sagte Spahn, dass dieser Schritt "in jedem Bundesland Bewegung in Millionengröße" auslöse. Deshalb sei es wichtig, nach ein bis zwei Wochen zu schauen, was dieser Schritt ausgelöst habe, "und ob wir weitergehen oder beim ersten Schritt bleiben". Er kündigte zudem einen baldigen Vorschlag an für eine stärkere Impfpriorisierung des Personals in Kindergärten und Schulen. Das könne man rechtfertigen, weil vor allem in Grundschulen und Kitas Abstand und Hygiene schlechter eingehalten werden könnten als anderswo.

Auf zusätzliche Einreiseverbote wegen der Ausbreitung von Corona-Mutanten will die Bundesregierung vorerst verzichten. Es seien derzeit keine weiteren Länder auf die Liste der sogenannten Virusvariantengebiete gesetzt worden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Trotz der Häufung von Corona-Mutanten im Osten Frankreichs plane Deutschland derzeit auch dort keine Einreisebeschränkungen, teilte Außenminister Heiko Maas (SPD) mit. "Während die Grenzländer zu Österreich und zu Tschechien die Bundesregierung aufgefordert haben, die Grenzen zu schließen und zu kontrollieren, ist das bei den Bundesländern, die an der französischen Grenze liegen - Baden-Württemberg, das Saarland und Rheinland-Pfalz - komplett umgekehrt", sagte er in Paris. Er hoffe, man werde aufgrund der französischen Corona-Maßnahmen um entsprechende Schritte herumkommen. Frankreich richtet unter anderem in Grenznähe große Testzentren ein, um Reisen von Berufspendlern zu ermöglichen.

Derweil bestätigte Spahn, dass die Bundesregierung einen Sonderbeauftragten für die Impfstoffproduktion einsetzen will; übernehmen soll den Posten Christoph Krupp, bislang Chef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Viele Impfstoffhersteller dächten darüber nach, in Deutschland zu investieren, sagte Spahn. Geplant ist deshalb ein Förderprogramm für die Impfstoffproduktion - auch mit Blick auf den Aufbau von Überkapazitäten "für die nächste Pandemie". Kümmern soll sich ein Sonderstab aus dem Wirtschafts- und Finanzministerium mit Krupp an der Spitze. "Das darf jetzt nicht zwölf oder sechs Monate dauern", betonte der Gesundheitsminister.

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