China: Bürgerrechtler verurteilt:Wahrheit wird zu Subversion

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Er untersuchte, warum Schulen während des Erdbebens in Sichuan sofort einstürzten - dafür muss der Aktivist Tan Zuoren nun fünf Jahre ins Gefängnis. Künstler Ai Weiwei geißelt Chinas Regime als "tödliche Krankheit".

Der chinesische Aktivist Tan Zuoren, muss für fünf Jahre ins Gefängnis, weil er den Tod von tausenden Schulkindern während des Erdbebens in Sichuan untersucht hatte. Das Gericht in der Provinzhauptstadt Chengdu verurteilte den 55-Jährigen am Dienstag wegen des Vorwurfs der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" und "Subversion", teilte sein Anwalt mit. Das Urteil rief empörte Reaktionen bei anderen Bürgerrechtlern wie dem Künstler Ai Weiwei hervor.

Nach dem Erdbeben von Sichuan 2008 weht die chinesische Fahne über den Trümmern. Tan Zuoren wurde nun verurteilt, weil er Pfusch am Bau in der Region untersucht hatte. (Foto: Archivoto: dpa)

Nach dem verheerenden Erdbeben mit 87.000 Toten im Mai 2008 in Südwestchina hatte Tan Zuoren monatelang im Erdbebengebiet recherchiert, warum so viele Schulen eingestürzt waren während benachbarte Gebäude den Erdstößen standgehalten hatten. Auch ausländische Experten hatten sofort nach dem Beben eklatante Baumängel in den sogenannten "Tofu"-Schulen festgestellt. Wie weicher Sojabohnenkäse hatten sie nachgegeben und waren eingestürzt.

Gegen den Widerstand lokaler Behörden wollte Tan Zuoren die Wahrheit an den Tag bringen, wurde aber im März 2009 festgenommen.

Tan Zuoren kooperierte auch mit dem international renommierten Künstler Ai Weiwei, der mit einer Gruppe von Freiwilligen die Namen von mehr als 5000 getöteten Schulkindern dokumentiert hat. Scharf kritisierte Ai Weiwei das Urteil: "Dieser Fall zeigt, dass das Regime die Verfolgung der Meinungsfreiheit verschärft."

"Eine tödliche Krankheit"

Was Tan Zuoren gesagt habe, sei durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt, sagte Ai Weiwei. "Dieser Fall enthüllt, dass Diktatur und Autokratie unter den Bedingungen der Führung der Kommunistischen Partei eine tödliche Krankheit sind." Auch wenn sich China wirtschaftlich entwickle, sei es in Sachen Menschenrechte und Redefreiheit noch rückständig.

Ai Weiwei war im August 2009 an der Teilnahme an dem Prozess gegen Tan Zuoren gehindert und von einem Polizisten geschlagen worden. Er musste im September wegen einer lebensgefährlichen Gehirnblutung in München operiert werden.

Der bekannte chinesische Bürgerrechtsanwalt Teng Biao nannte die Anklage gegen Tan Zuoren habe keine rechtliche Grundlage: "Er hat die Wahrheit hinter dem Erdbeben in Sichuan aufgedeckt und veröffentlicht. Er hätte Lob verdient und keine Anklage." Im November war bereits der bekannte chinesische Bürgerrechtler Huang Qi im Zusammenhang mit seiner Hilfe für Eltern von getöteten Schulkindern zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

© dpa/AFP/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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