Nach der Veröffentlichung des Berichts äußerte sich auch der Ex-Premier Blair selbst: "Dieser Bericht sollte Vorwürfe der Böswilligkeit, Lügen oder Täuschung endgültig ausräumen." Er habe seine Entscheidung in gutem Glauben getroffen und für das Beste für sein Land gehalten. Er werde für alle Fehler die volle Verantwortung übernehmen, ausnahmslos und ohne Ausrede. Allerdings glaube er weiterhin, es sei besser gewesen, Saddam Hussein zu stürzen. "Ich glaube nicht, dass dies der Grund für den Terrorismus ist, den wir heute im Nahen Osten oder andernorts in der Welt sehen."
Großbritanniens Premier David Cameron dagegen räumte im Unterhaus ein, dass die Konsequenzen der Invasion trotz klarer Warnungen ignoriert worden seien. Krieg, so Cameron, müsste immer das letzte Mittel sein; auch wenn Invasionen nicht immer falsch wären. Trotz der Entwicklungen gebe es für die Briten aber keinen engeren Freund und Alliierten als die USA.
Auch Labour-Chef Jeremy Corbyn ergriff im Unterhaus das Wort. In seiner Rede, die immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen wurde, warf er Blair vor, das Parlament vor dem Irakkrieg in die Irre geführt zu haben. Den Krieg selbst bezeichnete er als militärische Aggression auf der Grundlage falscher Voraussetzungen - die zu einer Besetzung im Stil des Kolonialismus und höherer Terrorgefahr geführt habe.
Erste Untersuchung schon 2004
Eine erste Untersuchung nach dem Krieg kam 2004 zu dem Schluss, dass Tony Blair selbst nicht gelogen, sondern an die Existenz der Massenvernichtungswaffen geglaubt hatte. Doch die Kritiker Blairs, der als "Bushs Pudel" verspottet worden war, warfen dem Premier weiterhin nicht nur Kriegstreiberei vor, sondern sogar Kriegsverbrechen.
Unter Blairs Nachfolger Gordon Brown als Premier der Labour Party wurde 2009 eine neue Irak-Kommission eingerichtet, die unter der Leitung des Diplomaten John Chilcot klären sollte, wie es zur Kriegsentscheidung kommen konnte und was sich für die Zukunft daraus lernen ließe. Politische Gegner Blairs, aber auch viele Hinterbliebene britischer Soldaten, die im Irak getötet wurden, hatten mit großer Spannung auf die Ergebnisse gewartet.
Ursprünglich hätte der Bericht 2010 fertig sein sollen. Doch dann dauerte es sieben Jahre, bis die insgesamt 13 Bände, angefüllt mit 2,6 Millionen Wörtern, zusammengekommen waren. Der Bericht ist demnach so dick wie die King-James-Bibel, schreibt das Magazin Time.
Bei den Anhörungen und Interviews der Kommission mit mehr als 100 Zeugen war schon deutlich geworden, dass sogar Juristen in der britischen Regierung - etwa der damalige Generalstaatsanwalt Ken Macdonald - im militärischen Eingreifen ohne UN-Mandat einen Verstoß gegen das Völkerrecht sahen.
Bereits 2010 hatte der ehemalige Generalstaatsanwalt Ken Macdonald dem Ex-Premier vorgeworfen, die Briten nur aus "Speichelleckerei" gegenüber dem US-Präsidenten Bush in den Krieg hineingezogen zu haben. Blair hatte zuvor erklärt, er persönlich wäre für eine Militärintervention gegen Saddam Hussein gewesen, selbst wenn er gewusst hätte, dass dieser keine Massenvernichtungswaffen besaß. Hinweise auf diese Haltung hatte man schon einem Memo zu einem Treffen zwischen Blair und Bush 2003 entnehmen können, dass 2006 geleakt worden war.
Forderungen nach einem Prozess gegen Blair
Gegner Blairs hatten bereits gehofft, ihn aufgrund der erwarteten Befunde im Chilcot-Bericht wegen Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anklagen zu können. Das wurde dort allerdings bereits ausgeschlossen.
Alex Salmond (SNP), Schottlands früherer Erster Minister, und eine Reihe Juristen aus verschiedenen Parteien ziehen allerdings in Erwägung, Blair mittels eines britischen Gesetzes aus dem 19. Jahrhundert den Prozess zu machen. Zumindest theoretisch könnte Blair dann sogar zu einer Haftstrafe verurteilt werden.