CDU-Frauen Reiche und Ludwig:High Noon im Schützenhaus

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Die eine ist eine Merkel-Freundin, die andere vertritt das wertkonservative Lager: In Potsdam streiten sich die CDU-Politikerinnen Katherina Reiche und Saskia Ludwig um die Direktkandidatur für den Bundestag. Nun entscheiden die Mitglieder - doch die Partei fürchtet, dass keine der beiden eine Niederlage akzeptieren wird.

Constanze von Bullion

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche (links) im Bundestag in Berlin und die Abgeordnete im Brandenburger Landtag und ehemalige Landesvorsitzende der CDU in Brandenburg, Saskia Ludwig (rechts): Kampfabstimmung im wichtigen Wahlkreis. (Foto: dapd)

Es ist jetzt von einem "Zickenkrieg" die Rede in der Brandenburger CDU. Manche tun sich da offenbar bis heute schwer mit dem Gedanken, dass Frauen sich um einen politische Posten streiten können, ohne deshalb zickig sein zu müssen. Zum anderen aber gehören die beiden Politikerinnen, die die Potsdamer CDU vor eine Zerreißprobe stellen, nicht zu den friedfertigsten Persönlichkeiten.

Katherina Reiche und Saskia Ludwig, zwei Führungsfiguren der Brandenburger CDU, kämpfen um die gleiche Direktkandidatur bei der Bundestagswahl 2013. Freitagabend sollen die Duellantinnen im Schützenhaus Werder aufeinandertreffen und sich einer Kampfkandidatur um den Wahlkreis 61, also Potsdam und Umgebung, stellen.

Katherina Reiche ist sozusagen Titelverteidigerin im Wahlkreis, sie sitzt seit 1998 im Bundestag und ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. Saskia Ludwig war Partei- und Fraktionschefin der Brandenburger CDU, bis ihre Parteifreunde sie kürzlich von beiden Posten vertrieben. Jetzt strebt Ludwig eine bundespolitische Karriere an - über das Direktmandat im Bundestagswahlkreis der Kollegin Reiche.

Rückfall in alte Zeiten

In der märkischen Union ist man wenig amüsiert über den High Noon im Schützenhaus. Der Machtkampf ist zunächst zwar nur lokaler Natur, und die Kandidatur hat wenig Aussicht auf Erfolg. Der Streit darum aber droht das Klima in der Landespartei zu vergiften. Ein Rückfall wäre das in alte Zeiten, als Brandenburgs CDU sich nach dem Abtritt ihres Vorsitzenden Jörg Schönbohm in bösartigen Intrigen und Machtkämpfen verzettelte. Es hat Jahre gedauert, bis die Partei zu halbwegs geordneten Verhältnissen zurückfand. Jetzt aber ist die Ruhe dahin.

Eine wird verlieren im Streit von Katherina Reiche und Saskia Ludwig ums Direktmandat in Potsdam. Weshalb sich manche fragen, was die Unterlegene dann unternimmt. Es darf bezweifelt werden, dass die Rivalinnen eine Niederlage einfach hinnehmen. Reiche und Ludwig, das sind zwei Frauen mit ausgeprägtem Ehrgeiz und Machtsinn. Beide sind gebürtige Märkerinnen, von eher kühlem Auftreten, beide aus Unternehmerfamilien, was ein Stück weit ihren Weg in die CDU erklärt.

Katherina Reiche ist 39 Jahre alt, dreifache Mutter und verheiratet mit Sven Petke, der einst als Affärenkönig in Brandenburgs CDU galt. Nie ist Reiche den Ruf ganz losgeworden, wie ihr Mann zum parteitypischen Intrigantenstadl zu gehören. Zu Unrecht, wie Anhänger versichern. Reiche sei eine, die sich hochgekämpft habe, heißt es. Sie kommt aus einer Familie, deren Galvanisierungsbetrieb in der DDR verstaatlicht wurde. Mit 25 Jahren saß die Chemikerin im Bundestag. 2002 holte CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber sie als Familienexpertin in sein Kompetenzteam. Reiche war hochschwanger und noch unverheiratet, ein hübsches Aushängeschild also für eine Partei, die sich moderner geben wollte.

In der Union war damals keineswegs jeder begeistert, Reiche aber hat das nicht gebremst. Sie wurde Vize-Bundesvorsitzende der CDU und fand einen Draht zu Angela Merkel, die sie duzt. Als die Bundeskanzlerin diese Woche zu einer CDU-Regionalkonferenz nach Potsdam kam, stand - "Hallo, grüß dich" - Reiche im Foyer und wartete. Um sicherzustellen, dass sie im Schulterschluss mit Merkel aufs Foto kam.

Die Kanzlerin hat Reiche in ihrer Ansprache dann mehrfach den Rücken gestärkt und betont, wie fleißig sie sich als Staatssekretärin für erneuerbare Energien und "auch sehr" für Offshore-Windparks einsetze. Reiches Rivalin Saskia Ludwig saß in der ersten Reihe, mit eisiger Miene. Sie gilt als Merkel-Gegnerin, seit sie die Energiewende kritisiert und einen wertkonservativeren Kurs in der CDU angemahnt hat.

Nimmt Ludwig Rache?

Ludwig, 44, Tochter einer Bauunternehmerfamilie und glühende Antikommunistin, ist keine Freundin leiser Töne. Der polternde Stil der Diplomkauffrau stieß in der Partei auf wachsende Widerstände. Ein Artikel in der rechtslastigen Jungen Freiheit lieferte der CDU einen Vorwand, sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes abzuservieren.

Wenn Ludwig nun auch die Direktkandidatur verfehlt, nimmt sie Rache, befürchten einige in der Partei. Aber auch Reiche dürfte eine Demütigung nicht hinnehmen. Steht Brandenburgs CDU eine neue Spaltung bevor? "Ich finde es tragisch, dass es zu einem solchen Showdown kommt, das ist nicht dienlich", sagt die ehemalige CDU-Justizministerin Barbara Richstein. "Dass es zur innerparteilichen Erosion kommt, glaube ich nicht."

Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt der neue CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. "Ich hoffe aber, dass wir bald wieder in ruhiges Fahrwasser kommen."

© SZ vom 19.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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