Partei der sozialen Marktwirtschaft - so präsentiert sich die CDU gerne. In ihrem Präsidiumszimmer haben die Christdemokraten demonstrativ eine Büste von Ludwig Erhard aufgestellt. Doch im Alltag wird die CDU diesem Anspruch kaum noch gerecht. Im elften Jahr der Kanzlerschaft von Angela Merkel gibt es keine grundsätzlichen Debatten über den richtigen Kurs in der Sozial- und Wirtschaftspolitik mehr. Die CDU verliert sich lieber im Kleinklein.
Das zeigt sich besonders deutlich in der Renten-, Steuer- und Gesundheitspolitik. Die Einnahmen der Sozialkassen und Finanzämter sind so hoch wie lange nicht. Eine bessere Gelegenheit, grundsätzliche Probleme zu beheben, wird es so schnell nicht mehr geben. Und doch ist die CDU ängstlich zurückhaltend.
In der Steuerpolitik ist von der CDU außer dem Veto gegen Steuererhöhungen kaum etwas zu hören. Und die Rentenpolitik will die Parteispitze sogar ganz aus dem Wahlkampf heraushalten. Umso erstaunlicher ist der Vorstoß des Wirtschaftsflügels der Union für eine große Steuerreform.
Endlich geht in der CDU mal wieder jemand ins Risiko. Man muss die Vorschläge nicht teilen, gegen einige gibt es starke Argumente. Aber man sollte dem Wirtschaftsflügel dankbar dafür sein, dass er die durch ständige Risiko-Vermeidung programmatisch erlahmte CDU zu einer Grundsatzdebatte darüber zwingt, welches Steuersystem gerecht ist.