CDU/CSU:Bretter über den Gräben

Das "Absurde Theater" hat neue Vertreter: Seehofer und Merkel.

Von Heribert Prantl

Theater des Absurden" lautet der Sammelbegriff für Dramen mit grotesken, unlogischen und irrealen Szenen. Die großen Autoren dieser Gattung heißen Jean Genet, Samuel Beckett und Eugène Ionesco; ihre Zeit liegt schon etwas zurück. Die Literatur- und Theatergeschichte muss aus aktuellem Anlass fortgeschrieben werden: Es gibt nämlich neue, moderne, innovative Vertreter des absurden Genres. Sie heißen Horst Seehofer und Angela Merkel; sie spielen ihr absurdes Theater nicht auf einer Theaterbühne, sondern seit eineinhalb Jahren fortlaufend im politischen Alltag. Der sogenannte Friedensgipfel der beiden Unionsparteien war nun ein neuer Akt.

CDU und CSU haben nun eine gemeinsame Kandidatin, aber in einer Zentralfrage der deutschen Politik keine Gemeinsamkeit. Seehofer zieht mit einer Kanzlerin in den Wahlkampf, die er heftig wie sonst niemand kritisiert hat; er hat es übertrieben, er hat sich verzockt. Die Forderungen der CSU in der Flüchtlingspolitik schießen nicht nur über Merkel hinaus, sie widersprechen ihr diametral.

Es gibt Leute, die das Ganze für ein abgekartetes Spiel halten. Das ist es nicht, die Verletzungen sind dafür viel zu groß. Es ist nicht abgekartet, es ist abgeschmackt. Die Gräben zwischen Seehofer und Merkel sind nicht zugeschüttet, man hat nur Bretter drübergelegt. Das ist eine wackelige Angelegenheit. Ein Fundament für den Wahlkampf ist das nicht.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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