Bundeswehr:Völlig losgelöst

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Eine "Heron"-Drohne der Bundeswehr in Mali. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die neuen Aufklärungsdrohnen sind besser für Kampfmissionen ausgerüstet als bislang bekannt. Die nächste Debatte über die Bewaffnung der Fluggeräte steht bevor.

Von Joachim Käppner

Vom Boden aus nicht zu sehen oder zu hören, fliegt sie über Wüstenstraßen und sucht nach Sprengfallen. Sie schickt Livebilder ans UN-Kommando, wenn Blauhelme Patrouillen im Islamistengebiet fahren: Die Heron startet, wenn die Vereinten Nationen sie für die Mali-Mission Minusma anfordern. Gesteuert wird die Drohne in Camp Castor, Gao, von Piloten der Bundeswehr aus einem fensterlosen Container, über Funksignale.

Die deutschen Hightech-Aufklärungsdrohnen israelischer Herkunft sind bei internationalen Missionen sehr begehrt. Die Heron tragen keine Waffen und sind nicht Teil des völkerrechtlich höchst problematischen Drohnenkriegs der USA, die in vielen Staaten gezielt echte und vermeintliche Terroristen töten. Aber Skeptiker fürchten, dass die deutsche Zurückhaltung nicht von Dauer sein wird; jetzt warnt die Partei Die Linke: "Drohnen bilden auch das informationstechnische Rückgrat für die Großmachtambitionen der Bundeswehr."

Die nächste Debatte um die Bewaffnung von Drohnen steht bevor. Die erste wurde während des Einsatzes der Nato in Afghanistan geführt, sie endete 2014 mit dem Ende der Mission. Damals wünschten sich viele Soldaten, die Heron könne zur Not, etwa bei Hinterhalten der Taliban, Raketen abfeuern. 2018 beschloss der Bundestag die Beschaffung der nächsten Drohnen-Generation, der Heron TP , voraussichtlich von 2020 an - aber weiterhin nur zur Aufklärung. Das TP-Modell ist allerdings technisch dafür vorbereitet, auch Waffen zu tragen. Die Details sind Verschlusssache. Nach SZ-Informationen geht die Ausstattung der neuen Bundeswehr-Drohnen aber über den öffentlich bekannten Stand hinaus: So soll die Heron TP bereits einen Laserzielmarkierer für Kampfmissionen enthalten.

Kritiker sehen in der Heron TP das Einfallstor zum Drohnenkrieg nach US-Muster. Die Linke kritisiert unter anderem, dass die Drohne nicht nur von der Bodenstation im Einsatzland aus gesteuert werden kann, sondern auch über Satellit von Deutschland aus: Dies bedeute einen "weiteren Schritt zur Entgrenzung des Krieges", so der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko.

Allerdings: Wenn, etwa wegen hoher Berge, der Funkkontakt zur Bodenstation abreißt, wird das Fluggerät bereits jetzt via Satellit weitergeflogen. Und zur Bewaffnung der Heron TP wäre zwingend ein weiterer Bundestagsbeschluss erforderlich. Ein Sprecher der Luftwaffe sagt: "Die technische Ausstattung der Heron TP wird nur zu Aufklärungszwecken genutzt und beschafft." Das gilt sogar für die Ausbildung. Nach Bundeswehrangaben trainieren deutsche Soldaten in Israel auf der Heron TP daher ausschließlich Aufklärungsmissionen. Übungen bewaffneter Einsätze wären illegal.

Da die SPD eine Bewaffnung deutscher Drohnen ablehnt, ist eine Mehrheit im Bundestag nicht in Sicht. Andernfalls gäbe es, so sagen zumindest die Völkerrechtler, zudem ein gewaltiges Hindernis gegen alle Versuchungen, die Geräte nicht nur als Gefechtswaffe im Einsatzgebiet, sondern wie die USA zu gezielten Tötungen von Terroristen starten zu lassen: das Grundgesetz.

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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