Bundeswehr:Seltsamer Gestus

Besonders die Grünen kritisieren Ursula von der Leyen und nehmen dabei überraschende Positionen ein.

Von Joachim Käppner

Haltet aus im Sturmgebraus!", hieß ein verklärendes Soldatenlied des 19. Jahrhunderts, "lasset hoch das Banner wehn! Zeiget ihm, zeigt dem Feind, daß wir treu zusammen stehn ..." Folgt man der Kritik von SPD und Grünen an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, hätte sie sich offenbar in diesem Sinne äußern sollen, als die Geschichte über einen terrorverdächtigen Offizier hochkochte, statt der Truppe Führungsdefizite zu bescheinigen. Ernsthaft?

Über die Wortwahl lässt sich streiten. Aber alle Beschwichtigungsversuche wären angesichts der Möglichkeit, dass sich in den Streitkräften eine rechtsradikale Terrorzelle gebildet haben könnte, viel schlimmer gewesen. Die Ministerin mag in anderen Skandalen aus Selbstschutz arg früh auf Distanz zur Bundeswehr gegangen sein - hier hatte sie keine Wahl. Sie kann die Truppenführung nicht schon von Verantwortung freisprechen, bevor der Sachverhalt überhaupt aufgeklärt ist.

Hätte sie es getan, würden ihr dieselben Kritiker Vertuschung und Verharmlosung nachsagen, die ihr nun pauschale Unterstellungen der Bundeswehr gegenüber vorwerfen. Im Falle der sonst so militärkritischen Grünen ist dieser Gestus besonders seltsam. Man hat jedenfalls wirklich nicht den Eindruck, die Ministerin sei zu streng mit ihrer Truppe umgegangen, wenn sie beim Besuch am Ort des Geschehens in der Kaserne auch noch Wehrmachtsdevotionalien vorfindet.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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