Bundesverfassungsgericht:Karlsruhe entscheidet über Antiterrordatei

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Mit dem heutigen Urteil zur Antiterrordatei wird womöglich Rechtsgeschichte geschrieben: Das Bundesverfassungsgericht könnte sich zum ersten Mal über eine Frage äußern, über die seit Jahrzehnten diskutiert wird: Wie klar muss die Trennlinie zwischen Polizei und Geheimdiensten sein?

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht gibt sich gern als Bürgergericht, und prinzipiell stimmt das auch: Jeder kann dort - ohne Gebühr zu zahlen und ohne Anwalt - Verfassungsbeschwerde einlegen. Erfolg haben freilich nicht einmal drei Prozent; ohne Professorenrat ist selbst die Hürde der Zulässigkeit kaum zu überwinden. Insofern ist Robert Suermann eine Ausnahme. Fast im Alleingang hatte er sich 2005 mit einer Klage gegen die vorbeugende Telefonüberwachung in Niedersachsen durchgesetzt.

An diesem Mittwoch urteilt das Karlsruher Gericht über seine Klage gegen die Antiterrordatei, und ein Teilerfolg ist nicht unwahrscheinlich. Die Richter hatten sich in der Anhörung im November skeptisch gezeigt, ob beispielsweise die Kontaktpersonen Terrorverdächtiger in die Datei aufgenommen werden dürfen, auch wenn sie gänzlich unverdächtig sind.

Der pensionierte Richter, der 2010 zu den erfolgreichen Klägern gegen die Vorratsdatenspeicherung zählte, könnte damit seinen dritten Sieg in Karlsruhe verbuchen. Doch der Triumph an sich interessiert ihn nicht. Eher schon die Frage, ob sich das Verfassungsgericht erstmals zum sogenannten Trennungsgebot äußert. Über die Frage, wie klar die Trennlinie zwischen Polizei und Geheimdiensten sein muss, wird seit Jahrzehnten diskutiert, doch noch nie hat Karlsruhe darüber entschieden. Suermann könnte also Rechtsgeschichte schreiben.

"Ich helfe armen Leuten bei ihrem Kampf gegen die Behörden"

In der niedersächsischen Justiz hat der Jurist - ein Rechtsstaatsliberaler reinster Prägung - eine sehr respektable Karriere hinter sich. In den Achtzigerjahren war er in der Justiz einer der EDV-Experten der ersten Stunde, in den Neunzigerjahren wurde er Direktor des Amtsgerichts Oldenburg, 1999 Vorsitzender Richter im dortigen Oberlandesgericht. Zuletzt leitete er dort einen Strafsenat.

Nach seiner Pensionierung Ende 2011 hat sich der Vater von vier inzwischen erwachsenen Kindern als Rechtsanwalt niedergelassen. Ebenso wie sein Sohn Maximilian, der ihn in Karlsruhe unterstützt hat. Natürlich, um sich sozial zu engagieren: "Ich helfe armen Leuten bei ihrem Kampf gegen die Behörden." Kürzlich vertrat er beispielsweise einen schwer kranken Studenten, der durch die Maschen von Ausbildungsförderung und Sozialhilfe zu fallen drohte.

Seinen Kampf für den Datenschutz - jene große Hinterlassenschaft des Volkszählungsurteils aus dem Jahr 1983 - sieht der 66-Jährige als eine Art Rückzugsgefecht. Was sein Engagement freilich nicht bremst; gerade sitzt er an einem Gutachten für die jungen Bürgerrechtler von "Digital Courage".

© SZ vom 24.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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