Bundestagswahl 2021:SPD bemüht sich um Geschlossenheit

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Juso-Chef Kevin Kühnert, einer der größten Kritiker von Olaf Scholz, sichert dem Finanzminister Unterstützung bei der Kanzlerkandidatur zu. Doch die Partei ist nicht so geeint, wie sie sich gibt.

Von Boris Herrmann, Berlin

Die Sozialdemokraten betonen ihre Geschlossenheit bei der Nominierung des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Parteichefin Saskia Esken, die dem linken Flügel angehört, rief am Dienstag parteiinterne Kritiker des als pragmatisch geltenden Finanzministers Scholz dazu auf, sich hinter ihn zu stellen. "Ich verstehe die Emotionen. Und ich kann nur weiter um Euer Vertrauen werben", schrieb Esken in einem Tweet, der an die Parteibasis gerichtet war.

Auch der Juso-Chef und Parteilinke Kevin Kühnert sicherte Scholz seine Unterstützung zu. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 sagte er am Dienstag in Berlin: "Nächstes Jahr ist Elfmeterschießen angesagt, und da spielen wir im gleichen Team." Diese Haltung wird laut Kühnert auch von einer "überragenden Mehrheit" der Jusos sowie der Parteilinken mitgetragen.

Vor der Wahl zum Parteivorsitz im vergangenen Jahr hatte derselbe Kühnert mit seinen Jusos noch erfolgreich für das Kandidaten-Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans geworben und damit zu einer schmerzlichen politischen Niederlage für Scholz beigetragen, der sich ebenfalls um dieses Amt bemüht hatte. Am Dienstag erklärte der Juso-Chef seinen Sinneswandel so: "Es macht einen Unterschied, ob man eine Parteispitze oder einen Kanzlerkandidaten sucht." Es war Kevin Kühnert allerdings auch anzumerken, dass es ihm und anderen Parteilinken schwerfällt, Begeisterung für den Kanzlerkandidaten Scholz aufzubringen.

Kühnerts Stellvertreterin Hanna Reichhardt sagte, sie hätte sich eine Kandidatin gewünscht.

Auch Parteichef Walter-Borjans gab offen zu, dass die Nominierung von Scholz zahlreiche Parteimitglieder am linken Flügel enttäuscht habe. "Es wäre unehrlich und unfair ihnen gegenüber, das zu bestreiten, und man kann das ja auch bei Twitter verfolgen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Entscheidung für Scholz sei aber dennoch richtig sei. "Wir haben mit vielen Menschen in der SPD gesprochen, und am Ende war klar, dass Olaf Scholz der beste Kandidat für die Partei und für das Land ist", sagte Walter Borjans.

Er und Esken hätten Scholz während der engen Zusammenarbeit in den letzten Monaten besser kennengelernt und stimmten "mit seiner Akzentsetzung sehr überein."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich versuchte den Verdacht zu entkräften, es gebe einen Gegensatz zwischen dem jüngsten Linkskurs der SPD und ihrem nächsten Kanzlerkandidaten. Dieser sei ein Kopf der Programmatik, die die SPD in den vergangenen Jahren beschlossen habe, sagte Mützenich im Deutschlandfunk. Scholz habe alles dafür gegeben, in dieser Koalition auch an dieser Stelle voranzukommen.

Kühnert rechtfertigte seine Unterstützung für Scholz dagegen vor allem pragmatisch, nämlich mit der Aussicht auf ein Linksbündnis und dem Ende der großen Koalition nach der nächsten Bundestagswahl. "Vielleicht ist es dann eben auch ein Olaf Scholz, der mehr als jemand anderes dazu in der Lage wäre, so ein Bündnis zu ermöglichen und tatsächlich auch mehrheitsfähig zu machen", sagte er. Gleichzeitig warnte er den linken Parteiflügel vor "zerstörerischer" Kritik an dem eigenen Kanzlerkandidaten.

© SZ vom 12.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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