Bundestag:Dicke Luft

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Mitarbeiter der AfD-Fraktion bereiten die Gründung eines Betriebsrats vor. Die Belange der 130 Beschäftigten sollen künftig "besser berücksichtigt werden", heißt es in einer Mail des Geschäftsführers. Es hatte zuletzt mehrere Kündigungen gegeben.

Von Wigbert Löer, Jens Schneider, Berlin

Es ist eine Mail, die einiges erahnen lässt über das Klima in der Bundestagsfraktion der AfD. Geschrieben hat sie der Abgeordnete Hansjörg Müller, er ist einer der parlamentarischen Geschäftsführer der AfD. Der aus Bayern stammende Abgeordnete richtet sich in der Mail, die NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt, an die rund 130 Mitarbeiter der AfD im Bundestag und verkündet, dass die Gründung eines Betriebsrats in der Fraktion geplant sei. Ein Betriebsrat werde künftig gewährleisten, schreibt er, "dass die berechtigten Anliegen aller Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter besser berücksichtigt werden, als das bisher der Fall gewesen" sei.

Auf Anfrage bestätigt Müller die geplante Gründung, will den Vorgang aber nicht weiter kommentieren. Derzeit bereiten offenbar einige AfD-Mitarbeiter die Gründung vor. Dass Müller als Teil des Fraktionsvorstands die Initiative zur Gründung einer Interessenvertretung unterstützt, mag auch mit Auseinandersetzungen zu tun haben, in die er selbst involviert war. Müller war im ersten Jahr der AfD im Bundestag vonseiten der Fraktionsführung für die Finanzen, das Controlling und die Auswahl neuer Mitarbeiter zuständig. Im Herbst 2018 gab er die Verantwortung für die Finanzen ab. Zuvor war bekannt geworden, dass intern Unregelmäßigkeiten bei der Finanzführung moniert wurden.

Es gab mehrere Kündigungen. Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht werden geführt

In der Fraktionsführung gab es heftigen Streit um die Frage der Verantwortung für die interne Finanzaffäre. Müller gilt in der Fraktion als umstritten. Er hat prominente Gegner in der Fraktionsführung. Nun schreibt er in seiner Mail an die Mitarbeiter, es habe sich "bei Personalentscheidungen negativ ausgewirkt", dass der Fraktionsvorstand sich bisher mit niemandem abstimmen musste. Ein Betriebsrat werde auch "insbesondere das Betriebsklima" verbessern.

Die AfD-Bundestagsfraktion war zuletzt durch Kündigungen mehrerer Führungskräfte aufgefallen. Es werden arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen geführt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Müller, ermuntert nun in seiner E-Mail die Mitarbeiter zur Gründung des Betriebsrats: Wer sich an der Vorbereitung beteiligen wolle, könne sich gern an ihn wenden, "ich sichere 100%-ige Vertraulichkeit zu". Weiter schreibt er: "Schon ab der Vorbereitung der Betriebsratsgründung genießen die Mitglieder des Wahlausschusses vollen Kündigungsschutz."

Im Bundestag haben inzwischen die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Linken und Grünen eine Mitarbeitervertretung. Nur die FDP und die AfD haben bisher kein solches Gremium. Die FDP hat einen Parlamentarischen Geschäftsführer als kommissarische Ombudsperson benannt.

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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