Bundesregierung:Fliegen aufs Klima

Mitarbeiter staatlicher Behörden sind viel mit Flugzeugen unterwegs. Umweltprojekte in aller Welt sollen den so verursachten Kohlendioxid-Ausstoß ausgleichen. Daran, öfter mit der Bahn zu fahren, hindert die Beamten ein Gesetz.

Von Kristiana Ludwig

Mit dem Klimaschutz ist es so eine Sache. Da leistet sich die Bundesregierung schon eine große Entwicklungsagentur, die auf der ganzen Welt dafür sorgen soll, die Luftverschmutzung zu verringern und Windräder oder Solaranlagen zu fördern. Die Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, kurz GIZ, arbeiten an "klimafreundlichem Kaffee aus Costa Rica" oder am Schutz der Torfmoorwälder in Indonesien, heißt es in ihrem aktuellen Jahresbericht. Andererseits müssen diese Menschen auch erst einmal nach Indonesien oder Costa Rica fliegen, um dort dann die Umwelt zu retten. Und auch die Flugreisen und Autofahrten von knapp 21 000 GIZ-Angestellten verursachen eine beachtliche Menge Dreck.

Die GIZ betreibt deshalb seit einigen Jahren ein ganz eigenes Klimaschutzprojekt in Thailand. Sie sorgt dort dafür, dass ein Palmölunternehmen sein Abwasser in eine Biogasanlage einspeist. Das ist gut für die Thailänder, aber vor allem auch für die GIZ im hessischen Eschborn. Denn die Biogasanlage in Asien dient über einen Mechanismus der Vereinten Nationen als Ausgleich für den Schmutz der deutschen Entwicklungshelfer. Auf diese Weise, sagt die Vorstandssprecherin Tanja Gönner, solle die GIZ kommendes Jahr "klimaneutral" sein.

Auch andere Behörden haben begonnen, den Schmutz, den die Dienstreisen ihrer Beamten verursachen, durch Klimaprojekte in einem anderen Teil der Welt auszugleichen. Die Bundesregierung, so vermeldete im Dezember das Umweltbundesamt, kompensiere ihre Reisen zum Beispiel mit Kochöfen in Sambia und Biogasanlagen in Nepal. "Durch beide Projekte werden weniger Wälder abgeholzt und die Menschen können rauch- und rußfrei und damit ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen kochen", hieß es.

Doch so rußfrei die Menschen in Sambia nun auch kochen, an der Luftverschmutzung in Deutschland ändert diese Kompensation leider wenig. Die Bundesregierung ist schließlich seit zwanzig Jahren Berufspendlerin: Die Ministerien haben außer ihren Berliner Häusern auch einen Sitz in Bonn, etwa 5000 Beamte fliegen jedes Jahr zwischen dem alten und dem neuen Regierungssitz hin und her.

Die Regierungsmitarbeiter nehmen für ihre Reisen auch deutlich öfter das Flugzeug als die Bahn. Beamte des Kanzleramts beispielsweise waren im Jahr 2017 über 200 Mal mit dem Flieger unterwegs und nur sechs Mal mit der Bahn. Ein Grund dafür sind die Kosten: Eine Dienstreise mit Flügen kostete im Schnitt etwa 285 Euro, mit der Bahn war sie knapp 25 Euro teurer. Der Zug braucht schließlich fünf Stunden. Wenn ein Beamter Bahn fährt, braucht er auch noch ein Hotel.

Der Staatssekretär des Bundesentwicklungsministeriums, Martin Jäger (CDU), sagt, diese Sparmaßnahme auf Kosten des Klimas sei leider im Bundesreisekostengesetz festgeschrieben: je günstiger die Reise, desto besser - egal, wie viele Biogasanlagen dafür am anderen Ende der Welt betrieben werden müssen. Man wolle nun aber mal auf Innenminister Horst Seehofer (CSU) zugehen und ihn bitten, diese Reiserichtlinien zu ändern.

Außer dem Streichen von Flugreisen hat Jägers Chef, Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), allerdings noch ein paar zusätzliche Ideen für den Klimaschutz im eigenen Haus. "Statt Mineralwasser in Flaschen bekommen unsere Gäste immer öfter einfach Leitungswasser", sagt er: "Jeder kleine Beitrag zählt."

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