Bürgerkrieg in Syrien:Termin für Friedenskonferenz in Genf

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Friedenskonferenz zu Syrien am 23. November in Genf: Brahimi befindet sich derzeit auf Vermittlungsreise in der Region. Am Sonntag sprach er in Kairo mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi (r.) (Foto: REUTERS)

Zehntausende Menschen sind im syrischen Bürgerkrieg gestorben, und die Kämpfe zwischen Rebellen und dem Assad-Regime gehen unvermindert weiter. Jetzt gibt es ein Fünkchen Hoffnung.

Die Gewalt im Bürgerkrieg in Syrien hält mit unverminderter Härte an. Immerhin steht nun aber ein Termin für eine internationale Friedenskonferenz fest: Die Gespräche zwischen Regierung und Rebellen würden am 23. November in Genf stattfinden, teilte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, am Sonntag in Kairo nach einem Treffen mit dem Syrien-Sondergesandten Lakhdar Brahimi mit. Brahimi warnte allerdings, die Konferenz sei ohne "glaubhafte Opposition" unmöglich.

Das wichtigste Oppositionsbündnis, die Syrische Nationale Koalition (SNC), will in den kommenden Tagen über ihre Teilnahme entscheiden. Der einflussreiche Syrische Nationalrat droht im Fall einer Teilnahme der SNC aber mit einem Rückzug aus dem Bündnis. Die radikalen Islamisten, die in Syrien zunehmend an Einfluss gewinnen, lehnen die SNC ohnehin ab.

Die Konferenz soll Vertreter der syrischen Führung und der Rebellen zu Gesprächen über eine politische Lösung des seit zweieinhalb Jahren andauernden blutigen Konflikts zusammenbringen. Die syrische Opposition ist allerdings zusehends zersplittert. Die Regierung in Damaskus hatte vor wenigen Tagen bereits über einen möglichen Termin für die Konferenz am 23. und 24. November berichtet. Das zwischen den Moskau und Washington bereits im Mai vereinbarte Treffen war wegen anhaltender Differenzen immer weiter verschoben worden.

Die syrische Führung will Brahimi in den kommenden Tagen ins Land einreisen lassen. Voraussetzung sei jedoch, dass sich der frühere algerische Diplomat "unparteiisch" verhalte, schrieb die regierungsnahe Tageszeitung Al-Watan am Sonntag. Nach Angaben des Blatts soll Brahimi von Beirut aus in die syrische Hauptstadt Damaskus reisen.

Deutsche Islamisten reisen nach Syrien

Der Bürgerkrieg zieht indes immer weitere Kreise - und auch aus Deutschland reisen offenbar verstärkt Islamisten in die Krisenregion. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet unter Berufung auf einen als "geheim" eingestuften Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz, es seien in den vergangenen Wochen verstärkt Reisen deutscher Islamisten nach Syrien beobachtet worden. Demnach befinden sich inzwischen etwa 200 Radikale aus Deutschland in Syrien oder sind auf dem Weg dorthin. Für kampfwillige Islamisten sei das Land derzeit "der mit Abstand 'attraktivste' Dschihad-Schauplatz", heißt es laut Spiegel.

Dem Bericht zufolge stammten die meisten Syrien-Reisenden aus Nordrhein-Westfalen, der Rest vor allem aus Hessen, Berlin, Bayern und Hamburg. Mehr als die Hälfte dieser Extremisten besitze die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Norden Syriens gebe es nach Geheimdienstinformationen inzwischen ein "German Camp", in dem deutschsprachige Kampfeinheiten zusammengeschlossen seien. Es gelte als Sammelstelle und möglicherweise als Ausbildungslager.

Verfassungsschutz-Präsident warnt vor kampferprobten Heimkehrern

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte vor einem Monat ebenfalls berichtet, dass junge muslimische Männer aus Deutschland verstärkt nach Syrien reisen, um dort auf Seiten der islamistischen Opposition zu kämpfen. Er sprach in einem Deutschlandfunk-Interview von etwa 170 deutschen Islamisten. "Nach unserer Erkenntnis hängen sie auch in einem engen Kontaktverhältnis und räumlichen Zusammenhang, so dass es durchaus denkbar ist, dass sie in einem bestimmten Ort sich auch versammeln", sagte er.

Sorge bereitet dem deutschen Inlandsgeheimdienst laut dem Bericht auch eine Propagandaoffensive der Extremisten. Es gebe Hinweise, dass deutschstämmige Islamisten auf syrischem Boden mehrere "Medienstellen" aufbauen wollten, um von dort aus in deutscher Sprache über das Internet für den "heiligen Krieg" zu werben.

Auch von den kampferprobten Heimkehrern gehe eine "besondere Gefährdung" aus. Maaßen hatte sich besorgt gezeigt, "weil diese Personen vermutlich wieder zurückkommen werden. Sie werden wahrscheinlich Kampferfahrung haben, sie werden möglicherweise sogar einen Auftrag haben, einen terroristischen Auftrag."

Angesichts der internationalen Bemühungen um die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals hat die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte davor gewarnt, das tägliche Blutvergießen in dem Bürgerkrieg zu vergessen. Die Konzentration der Staatengemeinschaft auf die Chemiewaffen sei "Heuchelei" angesichts des "endlosen Blutbads", sagte der Leiter der oppositionsnahen Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.

"In Syrien sind mehr als 120.000 Menschen getötet worden, 500 von ihnen durch Chemiewaffen - sind bestimmte Morde grauenvoller als andere?", fragte Rahman. "Absolut nichts hat sich geändert, die Kämpfe dauern an, es wird weiter Blut vergossen, und der Konflikt wird immer intensiver", beklagte der frühere Geschäftsmann, der seit dem Jahr 2000 im britischen Coventry im Asyl lebt und dort seit 2006 die Beobachtungsstelle leitet.

Selbstmordanschläge und Kampfhandlungen am Wochenende

Auch am Wochenende ging die Gewalt unvermindert weiter. Erst am Sonntag sind bei einem Selbstmordanschlag im syrischen Hama staatlichen Medien zufolge mindestens 31 Menschen getötet worden. Ein Attentäter habe sich in einem mit 1,5 Tonnen Sprengstoff bepackten Lastwagen auf einer belebten Straße am Stadtrand in die Luft gejagt, meldete die Nachrichtenagentur Sana. Dutzende weitere Menschen seien verletzt worden.

Die Beobachtungsstelle erklärte, der Anschlag habe einem Kontrollposten der Armee gegolten. Die meisten Toten seien Zivilisten. Bei einem Angriff der Rebellen auf eine derartige Einrichtung am Samstag nahe Damaskus kamen nach Oppositionsangaben 30 Menschen ums Leben. Im Gegenzug hätten Kampfjets die Stellungen der Rebellen bombardiert.

"Grausame Zielübungen"

Von besonders grausamen Taten im syrischen Bürgerkrieg berichtet ein britischer Chirurg. Es sei zu beobachten, dass tageweise Patienten eingeliefert würden, die Schussverletzungen an bestimmten Stellen des Körpers aufwiesen, sagte David Nott nach einem fünfwöchigen Aufenthalt in Syrien der Zeitung The Times. "An einem Tag sind es Schüsse in die Leiste, am nächsten ist es die linke Brust", führte er aus. Offenbar unternähmen die Scharfschützen aus Langeweile und zur eigenen Unterhaltung Zielübungen.

Allein an einem Tag habe er in einer syrischen Stadt, die er aus Sicherheitsgründen nicht nennen wolle, mehr als sechs schwangere Frauen mit Schussverletzungen behandelt. "Allen Frauen war in die Gebärmutter geschossen worden, es muss direkt darauf gezielt worden sein", sagte Nott, dessen Behauptungen nicht nachprüfbar sind.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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