Bürgerkrieg in Syrien:Kein bisschen Frieden

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Brennende Häuser, verwüstete Straßen: Alltag in Aleppo. (Foto: Ameer Alhalbi/AFP)

Während das Regime und Russland neue Luftangriffe fliegen lassen, erwarten Diplomaten politische Fortschritte frühestens 2018.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Der syrische Bürgerkrieg hat am Wochenende wieder Dutzende von Menschenleben gekostet. Im von Rebellen kontrollierten Osten der Großstadt Aleppo kamen seit Beginn der neuen Offensive des syrischen Regimes und seiner Verbündeten am Dienstag mindestens 130 Menschen ums Leben, sagten Ärzte aus der Stadt. In anderen Berichten war sogar von mehr als 250 Tote die Rede. Bewohner berichteten von schwerem Bombardement aus der Luft und dem heftigsten Artilleriefeuer seit Beginn der Belagerung im Juli. Auch Dutzende Fassbomben gingen auf die Stadtteile nieder; einige waren angeblich mit Chlorgas gefüllt.

Laut der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen wurden vier Krankenhäuser so schwer beschädigt, dass sie den Betrieb einstellen mussten. Darunter sei auch die einzige Kinderklinik Aleppos. Unklar war, ob in der Stadt nun noch medizinische Einrichtungen zur Verfügung standen; die Versorgung der 275 000 Eingeschlossenen ist schon seit langem katastrophal. Laut Ärzte ohne Grenzen gab es seit Juli mehr als 30 Angriffe auf Kliniken in Ost-Aleppo.

Im von der Regierung kontrollierten Westen von Aleppo wurden mindestens zehn Menschen getötet, unter ihnen sieben Kinder. Mutmaßlich von Rebellen-Gruppen außerhalb der Stadt abgefeuerte Raketen trafen eine Schule, wie Staatsmedien und die als oppositionsnah geltende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldeten. Es sei zu befürchten, dass die Opferzahl weiter steige, weil es etliche Schwerverletzte gebe.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die russische Luftwaffe fliege derzeit keine Angriffe auf Ost-Aleppo, sondern nur in anderen Teilen Syriens. Luftangriffe wurden aus den Provinzen Idlib, Deraa und Hama gemeldet sowie aus der Region Ost-Ghouta bei Damaskus. Laut den UN waren bis Ende Oktober bei den Luftangriffen auf den Osten Aleppos mehr als 700 Zivilisten getötet worden. Im Westen starben bei Gegenoffensiven der Rebellen mindestens 36 Menschen, nach anderen Berichten waren es etwa 70.

Einen neuen Friedensplan des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura für die umkämpfte Stadt lehnt die Regierung von Präsident Baschar al-Assad dennoch ab. De Mistura hatte in Damaskus vorgeschlagen, die Kämpfer der als Terrorgruppe eingestuften Jabhat Fateh al-Scham, die frühere Nusra-Front, sollten die Stadt verlassen. Bis der Konflikt politisch gelöst ist, solle der Ostteil Alepppos aber weiter von Rebellen verwaltet werden. Das Regime hatte bereits eine "strategische Offensive" zu Rückeroberung der Stadt angekündigt.

Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault sagte, er werde sich für neue Friedensgespräche einsetzen. Bis zur Amtseinführung des designierten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar und dem Antritt des neuen UN-Generalsekretärs António Guterres zum Jahreswechsel erwarten Diplomaten aber weder nennenswerte Fortschritte noch eine neue politische Initiative von de Mistura. Jan Egeland, Misturas Berater für humanitäre Fragen, sagte, die Rebellen hätten Hilfslieferungen nach Ost-Aleppo zugestimmt. Er warte nun auf "grünes Licht von Russland und der syrischen Regierung". Die UN haben seit Juli keine Hilfe nach Ost-Aleppo mehr bringen können. Dort gehen die Lebensmittel zu Ende.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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